© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/00 21. Januar 2000

 
Oper: Meyerbeer und Bizet in Dordrecht
Musikalische Raritäten
Julia Poser

Wo Maas, Nord und Mervede zusammenfließen und Europas meistbefahrene Wasserstraße bilden, liegt Dordrecht, Hollands älteste Stadt mit seinen schönen Patrizierhäusern, Kirchen und Grachten. Zu einer "Europäischen Belcanto Reise" lud dorthin Nicola Cok, der einfallsreiche Direktor des 7. Belcanto Festivals, ein. An einem lauen Herbstabend wurde Giacomo Meyerbeers szenische Kantate "Gli Amori di Teolinda" in einem romantischen Renaissance-Innenhof aufgeführt. Der Titel ist irreführend, da es sich nicht um die Liebschaften Teolindas handelt, sondern um die Klage einer von ihrem Liebhaber verlassenen Schäferin.

Der als Jakob Liebmann Meyer Beer 1791 in Berlin geborene Komponist stammte aus einer sehr wohlhabenden Familie. Der Vater war Zuckerfabrikant, Heereslieferant und Lotterieeinnehmer – "Krösus von Berlin" wurde er genannt. Der Sohn, ein musikalisches Wunderkind, gab sich schon als Neunzehnjähriger den Namen Giacomo Meyerbeer. Er schrieb zuerst Opern im Stil Rossinis. Später komponierte er große romantische Historienopern, die ihn ab 1840 zur "musikalischen Weltmacht" erhoben.

Ganz bescheiden mutet dagegen die arkadische Schäferinnen-Idylle an, die Meyerbeer 1816 für die damals gefeierte Sängerin Helene Harlas und ihren Lebensgefährten, den Klarinettisten Heinrich Josef Baermann, schrieb. In dieser Pastorale verbinden sich die Stimme der Teolinda mit der Klarinette zu einem reizvollen Doppelportrait.

Vor dem Postkartenbühnenbild einer griechischen Landschaft sang Yvette Decker mit schönem klaren Sopran ihre Liebesklagen. Ihre kunstvollen Triller wurden virtuos von der jungen Klarinettistin Karin Fierloos begleitet.

Es folgte nach der Pause Georges Bizets komische Oper "Don Procopio". Bizet komponierte diese, ganz im Stil Rossinis und Donizettis gehaltene Opera buffa 1859 als 21jähriger während eines Rom Aufenthaltes. Die Partitur ging jedoch verloren und wurde erst 1907 wiedergefunden. Es ist eine frische, spritzige Musik, sie ständig an Rossini erinnert. Das Thema von "Don Procopio" ähnelt Donizettis "Don Pasquale": Ein junges wohlhabendes Mädchen soll nach dem Willen ihres Onkels mit dem alten Mitgiftjäger Don Procopio verheiratet werden. Ein gelungene Aufführung.


 
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