© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/00 21. Januar 2000

 
Baden-Württemberg: JF-Interview sorgt für Schlagzeilen
Schlesier verleumdet
Moritz Schwarz

Wie in der vorigen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT gemeldet, ist der CDU-Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg, Arnold Tölg, in der Landespresse und von der Landtagsfraktion der Grünen für sein Interview in der JF vom 7. Januar heftig kritisiert worden.

Tölg hatte darin die Ungleichbehandlung von Zwangsarbeitern der Nationalsozialisten und einiger alliierter Staaten als "Heuchelei" bezeichnet. Millionen deutscher Zivilisten und Soldaten waren nach dem Zweiten Weltkrieg von verschiedenen Siegerstaaten verschleppt und zum Arbeitseinsatz gezwungen worde. Hundertausende kamen dabei um. Die Überlebenden leiden oft bis heute an chronischen Folgeschäden. Tölg sprach sich keineswegs gegen eine individuelle Entschädigung der von den Nationalsozialisten zur Zwangsarbeit Verpflichteten aus, forderte aber, bisher geleistete Zahlungen sowie die enormen Leistungen, die durch den Raub der deutschen Ostgebiete zu bedenken sind, zu berücksichtigen.

In der vergangenen Woche berichteten daraufhin mehrere südwestdeutschen Landeszeitungen über Tölgs Stellungnahme und warfen ihm vor, sein Ruf nach Gerechtigkeit sei ein Aufrechnen. Unterschwellig wurde Tölgs Überzeugung, Opfer sei Opfer, als unzulässige Gleichsetzung von NS-Zwangsarbeitern mit nach 1945 versklavten deutschen Soldaten verurteilt. Auch daß Arnold Tölg die deutsche Kriegsschuld nicht noch einmal ausdrücklich zur Sprache gebracht habe, wurde inkriminiert. Hauptvorwurf gegen ihn war aber, daß er der JUNGEN FREIHEIT überhaupt ein Interview gegeben habe.

Die Fraktion der Grünen sprach in einer Presseerklärung sogar davon, Tölg habe damit den "Konsens der Demokraten" verlassen und nannte das Interview einen "innerhalb des demokratischen Parteienspektrums einmaligen" Vorfall. Weiterhin bezichtigten sie den CDU-Abgeordneten aus dem Landkreis Calw der "nicht entschuldbaren Geschichtsklitterung" sowie der "Rechtfertigung des Dritten Reiches und des von Deutschland angezettelten Krieges und der (Kriegs-)Verbrechen", wenn man Tölgs Gedankengänge "konsequent" zu Ende denke. Von CDU-Fraktionschef Oettinger forderten sie eine Erklärung.

Arnold Tölg wies die Vorwürfe zurück und legte die Berechtigung seiner Position und deren Übereinstimmung mit den freiheitlich-demokratischen Grundwerten dar. Zum Vorwurf, mit der der JUNGEN FREIHEIT gesprochen zu haben, sagte er, er habe sich inzwischen genauer mit der Zeitung beschäftigt und dort nach wie vor nichts "Anstößiges" finden können. Die Zeitung werde vom Verfassungsschutz Baden-Württembergs nicht beanstandet und habe schon mit zahlreichen anderen Politikern Interviews geführt, darunter dem CDU-Landesvorsitzenden von Brandenburg, Jörg Schönbohm, der Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld oder dem saarländischen CDU-Landeschef Peter Müller. Tölg wörtlich: Es seien "honorige Leute, die in dem Blatt schreiben". Als Beispiel nannte er den Stuttgarter Politikprofessor Klaus Hornung. Der CDU-Landtagsabgeordnete fügte an, er habe bislang nicht nur ausschließlich ermutigende Telefonanrufe aus der Bevölkerung erhalten, auch die Kollegen aus der Fraktion hätten ihm bedeutet, daß er mit seiner Haltung "Stimmen sammle".

Die JUNGE FREIHEIT hat unterdessen von der Stuttgarter Zeitung eine Gegendarstellung verlangt, weil diese eine schwerwiegende unwahre Behauptung über die Seriösität der Arbeitspraktiken dieser Zeitung aufgestellt hat: So wird fälschlicherweise unterstellt, die JUNGE FREIHEIT würde Texte ohne Zustimmung der Autoren veröffentlichen und sich dadurch "mit fremden Federn schmücken".


 
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