© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de   51/97  12. Dezember 1997

 
 
Churer Bischof Haas versetzt: Neues Erzbistum Liechtenstein in Vaduz gegründet
Konservative Symbolfigur
von Mathias von Gersdorff

Der Bischof von Chur, Wolfgang Haas, ist vom Papst zum ersten Erzbischof des neugeschaffenen Erzbistums Liechtenstein in Vaduz ernannt worden. Bischof Haas wird mit sofortiger Wirkung versetzt, bleibt aber für das Bistum Chur bis zur Ernennung eines Nachfolgers Apostolischer Administrator. Mit dieser überraschenden Wendung hat der von linkskatholischen Kreisen immer wieder angefachte Streit um den konservativen Bischof sein vorläufiges Ende erreicht.

Ein unseliges Kapitel ist einstweilen abgeschlossen

Seit der Ernennung von Haas zum Weihbischof mit Nachfolgerecht und 1990 zum Titularbischof war das schweizerische Bistum nicht zur Ruhe gekommen.

Von Anfang an drängten linke Kreise in der Schweiz auf die Absetzung und organisierten laufend Initiativen, um Haas öffentlich anzugreifen (JF berichtete). Das war zuletzt der Fall, als der Bischof drei enge Vertraute zu Bischofsvikaren ernannte und das Domkapitel sich übergangen fühlte. Obwohl diese Maßnahme mit wenig praktischen Konsequenzen verbunden war, bot sie doch Angiffsfläche für die Linke, die Haas der Machtgier beschuldigten.

Selbst von staatlicher Seite gab es bis zuletzt Angriffe gegen den Churer Bischof. Ein schweizerischer Sonderbotschafter überreichte im Staatssekretariat des Vatikans ein Memorandum, in dem die Sorgen der zum Bistum Chur gehörigen Kantone um die Einheit des Bistums Ausdruck fanden.

Mit der jetzt getroffenen Entscheidung des Vatikans ist dieses unselige Kapitel einstweilen abgeschlossen. Wer Nachfolger von Bischof Haas wird, ist noch nicht bekannt Gespannt wartet man auf die Ernennung und die politische Tendenz des neuen Bischofs.

Bischof Haas erklärte am selben Tag in einem Bischofswort: "Im wesentlichen sind wohl die Umstände und Zusammenhänge bekannt, welche zu diesem Schritt geführt haben. Getragen vom Glauben unserer Kirche ist es mein Bestreben, auch hier und jetzt den Willen Gottes zu erkennen und im Geiste des Gehorsams meine Verfügbarkeit zu leben."

Die Nachricht der Versetzung von Bischof Haas hat die konservativen Katholiken ziemlich unerwartet getroffen. Zwar hatte man schon seit langer Zeit mit einer solchen Entscheidung gerechnet, doch hatte es gerade in letzter Zeit so ausgesehen, als ob sich die Stellung des Bischofs in seiner Diözese gefestigt hätte. Das galt insbesondere seit seinem letzten Besuch in Rom im Oktober. Damals hatte Papst Johannes Paul II. die Schweizer Katholiken zu Treue und Gehorsam gegenüber ihrem Bischof ermahnt und hatte das Vorgehen bestimmter Gruppen kritisiert, die Sonderinteressen verfolgten.

Bischof Haas betritt in Vaduz kein Neuland

Obwohl die Maßnahme des Vatikans offensichtlich dazu dienen soll, Bischof Haas zu versetzen, ist die Entscheidung Liechtenstein zum Erzbistum zu erheben nicht völlig künstlich, denn vor einigen Jahren wurden auch das Fürstentum Monaco (1981) und das Großherzogtum Luxemburg (1988) zu Erzdiözesen erhoben. Seit 1985 unterhält Liechtenstein diplomatische Beziehungen mit dem Vatikan. Das Fürstentum, das bisher selbst zum Bistum Chur gehörte, hat in seinem Landesvater, Fürst Hans Adam II. einen verläßlichen Verbündeten der Linie von Haas. Der Bischof betritt in der neugeschaffenen Erzdiözese kein Neuland: er ist selbst gebürtiger Liechtensteiner.

Ein Trost für Wolfgang Haas ist es, daß er zum Erzbischof befördert wurde und daß er in Liechtenstein wesentlich mehr Handlungsfreiheit haben wird. Natürlich wird er in dem kleinen Fürstentum mit seinen etwa 31.000 Einwohnern wenig Weltbewegendes leisten können, doch in all den Jahren der linken Hetze gegen ihn ist er zu einer Symbolfigur für die konservativen Katholiken auf der ganzen Welt geworden, wodurch er weit über die Grenzen seines Bistums hinaus bekannt und bewundert wird.

In Vaduz, der Hauptstadt des Fürstentums, zeigte man sich unterdessen überrascht von der Entscheidung Roms. Dieser Schritt sei mit der liechtensteinischen Regierung nicht abgesprochen gewesen.


 
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