© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/97  05. Dezember 1997

 
 
Orden für Denunzianten
von Peter Lattas

Daß sich der Verteidigungsminister nicht vor seine Soldaten stellt, sondern sich vor dem Zeitgeist verbeugt, wenn seine Truppe unter Beschuß gerät, ist bereis eine wohlbekannte Übung. Beispiel Detmold: Wenn Bundeswehrsoldaten Ausländer angreifen, droht Volker Rühe sofort mit härtesten Maßnahmen; daß dem Vorfall bösartige Pöbeleien und Provokationen durch ausländische Jugendliche vorangegangen waren, erfährt man nicht vom Dienstherren, sondern aus der Presse. Und wenn dann der Kommandeur des örtlichen Panzerbataillons durchblicken läßt, daß solche Angriffe ausländischer Gangs die traurige Regel sind, setzt die Hardthöhe noch eins drauf und verbietet den Staatsbürgern in Uniform das Tragen derselben in der Öffentlichkeit, um zu vermeiden, daß Ausländer sich provoziert fühlen könnten. Wir halten fest: Wenn ein Soldat als "Mörder" beschimpft wird, hat er das kraft höchstrichterlicher Entscheidung im Namen der Meinungsfreiheit hinzunehmen. Wird er von türkischen Halbstarkengangs zusammengeschlagen, hat er zur Prävention seine Uniform im Spind zu verstecken. Daß diese krasse Einseitigkeit selbst den Gutwilligsten allmählich zu viel wird, beweist die Flut von empörten Leserbriefen, die das ansonsten bedingungslos getreue Reservistenmagazin loyal zu diesem Thema in seiner jüngsten Ausgabe abdruckte.

Den Generalangriff auf das militärische Selbstverständnis der eigenen Soldaten führte die Hardthöhe indes auf der Schnüffel-ebene. Nicht genug damit, daß nach der Rüheschen Flucht aus der Wehrmachtstradition sich allenthalben die politisch Korrekten daran machen, die letzten Reste von Traditionsbewußtsein aufzuspüren und auszumerzen. Das von einer Arbeitsgruppe um Generalinspekteur Bagger ausgeheckte "Sofortprogramm zur Bekämpfung des Rechtsextremismus" bedeutet den endgültigen Übergang zur durchpolitisierten PC-Armee.

Punkt eins: Verschärfte Gesinnungskontrolle durch Kreiswehrersatzämter und MAD von der Musterung an. Verstärkte Beaufsichtigung durch die Vorgesetzten. Dazu gibt es – Punkt zwei – einen zentral erstellten "Wegweiser" und ein Computerprogramm, die den Vorgesetzten, Soldaten und Reservisten "Verhaltenssicherheit" und die richtige Gesinnung vermitteln sollen. Und der Clou: Auf Divisionsebene sollen "Beraterteams" eingesetzt werden, die bei der "Verbesserung der politischen Bildung" helfen. Wer sich dann bei der Verbreitung der korrekten politischen Gesinnung besonders hervortut, bekommt die neugestiftete "Baudissin-Medaille" für "besondere Verdienste in der politischen Bildung und im Kampf gegen den Rechtsextremismus". Ein Orden, den man auch als Aufforderung zur Kameradendenunziation verstehen könnte.


 
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