© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/97  24. Oktober 1997

 
 
Bundesparteitag: Republikaner wollen führende Rolle spielen
Leiden und verstehen
von Richard Stolz

Mit einem harten Wahlkampf gegen die etablierten Parteien wollen die Republikaner bei den Landtagswahlen 1998 in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern den Einzug in die Länderparlamente schaffen. "Wir werden die führende Rolle bei den Rechten spielen", sagte der Parteivorsitzende Rolf Schlierer auf dem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende in Dietmannsried bei Kempten im Allgäu. Zugleich erteilte er erneut jeglicher Zusammenarbeit mit NPD und DVU eine klare Absage. "Gespensterparteien mit dubiosen Millionen-Etats sind keine Partner für Parteien, die eine erfolgreiche parlamentarische Arbeit machen wollen", erklärte Schlierer. Eine Zusammenarbeit mit Leuten, die den Parlamentarismus abschaffen wollten, könne es nicht geben, sagte Schlierer in seiner Grundsatzrede vor knapp 400 Delegierten und rund 150 Gästen.

Mechtersheimer fordert moralische Stärke

Zu Beginn des ersten Parteitages nach der verlorenen Bürgerschaftswahl in Hamburg am 21. September begrüßte Schlierer den französischen Rechtsintellektuellen und Europa-Abgeordneten des Front National, Yvan Blot, den Starnberger Friedensforscher und Ex-Bundestagsabgeordneten der Grünen, Alfred Mechtersheimer, sowie den Landesvorsitzenden der Deutschen Sozialen Union (DSU) in Sachsen-Anhalt, Joachim Nothdurft, die sich mit Grußworten an den Parteitag wandten.

Unter dem lautstarken Beifall der Delegierten überbrachte Yvan Blot Empfehlungen von Jean-Marie Le Pen, Chef des Front National. Blot beschwor die deutsch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit und zeigte sich überrascht, daß die Probleme der nationalen Rechten in Deutschland dieselben seien wie in Frankreich. "Erst mit dem Leiden kommt der Verstand", warnte Blot.

Alfred Mechtersheimer, Initiator der überparteilichen "Deutschland-Bewegung", forderte Selbstbewußtsein und moralische Stärke bei der Bewahrung der nationalen Identität. Nicht ein Zusammenschluß von Parteien sei das Gebot der Stunde. "Jede Initiative zur Zusammenführung hat bisher stets zu einer neuen Kleinstpartei geführt", betonte Mechtersheimer. Nur weil der politische Gegner das gesamte rechte und nationale Lager über einen Kamm schere, meinten viele, dieses sei eine Einheit. "Aber nirgends ist die Spannbreite und Vielfalt größer als hier", sagte Mechtersheimer. Die Lösung des Dilemmas liege in der Konzentration der Wähler auf die aussichtsreichste Partei. Mit dem Ausspruch "Neue Republikaner braucht das Land" beendete Mechtersheimer seine Grußadresse.

Als "Zeichen der Normalisierung" im Umgang mit den Republikanern wertete DSU-Landeschef Joachim Nothdurft seinen Auftritt auf dem Parteitag. Da es in Sachsen-Anhalt die rechtliche Möglichkeit zu Wahlbündnissen gebe, setzte er sich für ein gemeinsames Antreten bei der Landtagswahl am 26. April 1998 ein.

In seiner Rede kündigte Rolf Schlierer an, daß die Republikaner die Zusammenarbeit mit dem Front National künftig noch ausbauen würden. Auch das Angebot der DSU zum gemeinsamen Wahlantritt nahm Schlierer an. Mechtersheimers "Deutschland-Bewegung" werde er auch weiterhin mit allen Kräften unterstützen.

Schlierer: "Dem Stoiber blasen wir den Marsch"

Als "scheinheilig" attackierte Schlierer in seiner Rede den bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber. Die zahlreichen Affären in der CSU straften die diffamierenden Äußerungen gegen die Republikaner Lügen. Auch weitere "Schmutzkampagnen" und noch mehr Unterstützung für den Bund Freier Bürger (BFB) von Manfred Brunner werde den Erfolg der Republikaner bei den Landtagswahlen im September 1998 nicht verhindern können. "Dem Stoiber blasen wir den Marsch, und zwar den Einzugsmarsch ins Maximilianeum", rief Schlierer unter dem Beifall der Delegierten aus.

Mit seinem Hinweis auf die CSU-Wahlhilfe für den BFB spielte Schlierer offenbar auf eine von den Christsozialen für den 31. Oktober geplante Veranstaltung in München an. Dort sollen der CSU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Erich Riedl, und BFB-Chef Brunner das Für und Wider der Euro-Währung diskutieren.

Zusammenarbeit mit dem Front National ausbauen

Im weiteren Verlauf des Parteitages wählten die Delegierten mit dem Rechtsanwalt Hans Burckhardt (69) aus Hessen für das Bundesschiedsgericht einen neuen Vorsitzenden sowie drei Beisitzer. Mit jeweils großer Mehrheit wurden die vom Bundesvorstand vorgelegten Anträge zur Reform der Rentenversicherung und zur Europäischen Währungsunion verabschiedet.

Trotz einer entspannten Atmosphäre unter den Delegierten und Gästen wollte die vom Parteitag erwartete Aufbruchsstimmung nicht recht aufkommen. Er spiegelte eher die derzeit schwache Rolle wider, die die Republikaner in der Bundespolitik spielen. Die nächste Bewährungsprobe steht der Partei bei der niedersächsichen Landtagswahl am 1. März 1998 bevor. Nachdem die DVU von Gerhard Frey auf einen Wahlantritt verzichten will, beschränkt sich die nennenswerte Konkurrenz allein auf den Bund Freier Bürger. In Hamburg lag der BFB lediglich mit 0,4 Prozent hinter den Republikanern.

Vor diesem Hintergrund wurde am Rande des Parteitages erstmals seit dem Wechsel von Schönhuber zu Schlierer über personelle Konsequenzen spekuliert, falls bei der Landtagswahl nicht ein deutlicher Erfolg erzielt werden kann. Eine erste Enttäuschung mußte aus Niedersachsen vermeldet werden: Die von den Republikanern unterstützte Volksinitiative gegen den Euro scheiterte an rund 5.300 fehlenden Stimmen.


 
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