© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/97  26. September 1997

 
 
Bonn: Präsidenten-Mobbing in der Bundeszentrale für politische Bildung
Sticheleien gegen Behörden-Chef
von Gerd Freund

Die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn, von Kritikern als Behörde zur Verteilung von Propaganda-Drucksachen gescholten, hat eine erhabene Begründung für ihr Tun: sie diene der Festigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Wirklichkeit ist banal: Es geht um die Versorgung von Parteifunktionären.

Kaum eine Bundesinstitution ist derartig parteipolitisiert, vom Pförtner bis zum Präsidenten. Der heißt Günter Reichert und verdankt seinen Posten der CDU. Er ist Sudetendeutscher, aktiv in der Landsmannschaft und war Büroleiter von Alfred Dregger, als der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender war. Deshalb gilt Reichert als "Rechter", der sich vor linken Intrigen im Haus hüten muß. Wer aber immer Rücksicht nimmt, fällt unversehens in die Grube.

Als der israelische Staatspräsident Ezer Weizmann Mitte Januar vorigen Jahres in Bonn war, unterlief Reichert das Mißgeschick, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland zu gratulieren, sein Staatspräsident habe eine gute Rede gehalten. Bubis, der gemerkt haben dürfte, worauf die Sache hinauslief, antwortete, Roman Herzog halte immer gute Reden. Reichert tappte ins Fettnäpfchen und beharrte: Nein, er meine Bubis’ Staatspräsidenten Weizmann. Großer Eklat! Bubis betonte pikiert, er sei deutscher Staatsbürger und Weizmann sei nicht sein Präsident. Linksextremisten wie die PDS-Abgeordnete Jelpke, und ihre bündnisgrüne Kollegin Buntenbach nahmen den Faux pas zum willkommenen Vorwand, gegen Reichert zu hetzen, unterstützt vom Stern-Journalisten Oliver Schröm, der im Juni 1996 daraus eine diffamierende Geschichte strickte.

Mit einiger Verspätung liefert nun die Bundeszentrale dem eigenen Präsidenten zum Schaden den Spott – aber auf eine hinterhältige Art. Seit diesem Jahr vertreibt die Bundeszentrale eine als "Arbeitshilfe für die politische Bildung" bezeichnete Broschüre "Antisemitismus in den Medien". Darin wird der frühere Vorsitzende des Innenausschusses der Rostocker Bürgerschaft, Schmidt (CDU), vorgeführt. Im November 1992 habe er Ignaz Bubis anläßlich eines Besuches in der Ostseestadt nach seiner Heimat Israel gefragt. Die örtlichen Funktionäre reagierten hysterisch, die Karriere des CDU-Funktionärs endete (S.23).

Aber auch Werner Höfer, früherer Moderator des Internationalen Frühschoppens in der ARD, hat 1994 Ignaz Bubis für einen Israeli gehalten, und Frau Höfer habe ihn gar als Ausländer bezeichnet (S. 26). Um die Stimmung anzuheizen, stellen die Autoren der "Arbeitshilfe" dem Leser die rhetorische Frage "Welche Schwierigkeiten haben Werner Höfer und seine Frau, Bubis’ Nationalität zu erkennen? Wie läßt sich die hartnäckige Weigerung Werner Höfers verstehen, Herrn Bubis als Deutschen anzuerkennen?"

Erinnert man sich da nicht an einen prominenten Mitarbeiter der Bundeszentrale, der ähnliche Schwierigkeiten hatte? Diese beiden Geschichten breitet die Bundeszentrale in ihrer Broschüre aus. Das dritte Beispiel mit dem eigenen Präsidenten verschweigt man, aber Insider wissen mit klammheimlichem Vergnügen Bescheid. Der Rostocker CDU-Politiker und Höfer sind abgesetzt. Und Reichert? Wenn schon nicht Absetzung, dann wenigstens Mobbing.

Eine besondere Spitze liegt darin, daß kein aktiver Mitarbeiter der Bundeszentrale das Präsidenten-Mobbing verantwortet, sondern der am 1. April 1996 vorzeitig pensionierte frühere Abteilungsleiter dieser Behörde, Dieter Schmidt-Sinns (SPD), der aus dem Ruhestand dem Präsidenten einen kleinen Stich versetzt


 
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