© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/97  26. September 1997

 
 
EU-Zahlung III: Beiträge versus Wirtschaftkraft
Der Klotz am EU-Bein
von Thomas Laake

Die Einnahmen des EU-Gesamthaushalts, die sogenannten Eigenmittel, resultieren ausschließlich aus den Beitragszahlungen der einzelnen Mitgliedsstaaten an die Europäische Union (EU). Diese Zahlungen bezeichnet man auch als Brutto-Beiträge. Werden den Brutto-Beiträgen die Rückflüsse, also die Gelder, die aus dem EU-Haushalt wieder in die einzelnen Länder zurückfließen, gegenübergestellt, ergeben sich daraus die Netto-Zahlungen.

Die Brutto- und Netto-Beiträge der einzelnen EU-Mitglieder sind unterschiedlich hoch. Die Höhe richtet sich zum einen nach der Größe und zum anderen nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie nach der Struktur des jeweiligen Mitgliedslandes. Auch sind nicht alle EU-Mitglieder Nettozahler. Einige EU-Staaten erhalten von der EU mehr Geld zurück als sie einzahlen. Andere wiederum zahlen mehr ein als sie herausbekommen. Zu den letzteren zählt auch die Bundesrepublik.

Deutschland gehört seit jeher zu den größten Bruttozahlern der EU. Zahlte Deutschland im Jahre 1987 noch 20,2 Milliarden DM in die Gemeinschaftskasse ein, waren es 1993 schon rund 38 Milliarden DM. Nach der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes werden die deutschen Brutto-Leistungen an den EU-Haushalt bis 1999 auf nahezu 52 Milliarden DM ansteigen. Im Jahresdurchschnitt ergibt sich danach eine Zuwachsrate von 8 Prozent, die weit über der geplanten Zunahme der Bundesausgaben liegt. Erhöhen wird sich vor allem die Bruttosozialproduktabgabe (BSP), die in diesem Jahr rund ein Drittel der gesamten Abführungen Deutschlands an die Union ausmachen dürfte, während sich die Mehrwertsteuer-Eigenmittel recht verhalten entwickeln. Ihr Anteil wird auf voraussichtlich 50 Prozent zurückgehen.

Der Hauptgrund für die seit jeher hohen deutschen Mitgliedsbeiträge ist darin zu suchen, daß es den politisch Verantwortlichen an dem notwendigen Durchsetzungsvermögen fehlt. Dies hat – neben dem ohnehin zu hohen Beitragsansatz – zur Folge, daß auch der Finanzierungsmodus für Deutschland in jeder Hinsicht nachteilig ist. Diese Nachteile traten nach der Wiedervereinigung offen zutage. Obwohl Deutschland durch die Wiedervereinigung im Wohlstandsgefüge der EU deutlich zurückgefallen ist, sind gleichzeitig die deutschen EU-Beiträge – ausgerechnet in der schwierigsten Phase nach der Vereinigung (1991) – massiv angestiegen. Der Grund: Nach der Wiedervereinigung sind das deutsche Bruttosozialprodukt sowie der Import gestiegen, folglich zahlt Deutschland seit der Wiedervereinigung noch deutlich mehr in die EU-Kasse ein. Anstatt, daß die deutsche Politik die Finanzreform des Jahres 1992 genutzt hätte, um für Deutschland zukünftig eine günstigere Regelung zu erreichen, wurden die Gewichte noch weiter zu Ungunsten Deutschlands verschoben.

Stellt man nun dem deutschen Bruttobeitrag zum EU-Gesamthaushalt die Mitgliedsbeiträge der anderen EU-Partner gegenüber, ist klar erkennbar, daß Deutschland den mit Abstand größten Anteil der Beitragslasten zu tragen hat. In diesem Jahr liegt der deutsche Anteil am EU-Gesamthaushalt bei rund 30 Prozent, gefolgt von Frankreich mit etwa 18 Prozent und Großbritannien mit rund 14 Prozent. Deutschland zahlt damit brutto fast doppelt soviel in den EU-Gesamthaushalt ein wie Frankreich und Großbritannien zusammen.


 
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