© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/97  21. August 1997

 
 
Portrait: Martin Hohmann
Dreggers Ablösung

von Dieter Stein

Weit reckt sich der Abraumkegel des Kalibergwerkes hinter dem Dorfrand von Neuhof bei Fulda in den Himmel. Vom Garten des Bürgermeisters der kleinen 12.000-Einwohner fassenden Siedlung fällt der Blick als erstes auf den künstlichen Berg, der mit etwas Einbildungskraft dem Kilimandscharo ähneln will.

Der Bürgermeister des Ortes heißt Martin Hohmann und wirkt gar nicht so wie man sich einen Dorfbürgermeister vorstellt. Der muß nämlich dick, gemütlich und mit sich, der Welt und vor allem seinem kleinen Posten zufrieden sein. Dem großen, drahtigen Hohmann (Jahrgang 1948) sieht man die 13 Kilometer jedoch an, die er auf einer alten Heerstraße Richtung Fulda mindestens zweimal wöchentlich laufend absolviert.

Hohmann, dessen Eltern aus Ostpreußen stammen, will dieses Jahr dem altgedienten Ehrenvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Alfred Dregger den Wahlkreis 132 Fulda, Lauterbach, Schlüchtern abnehmen. Die Mehrheit in der CDU unterstützt ihn dabei. Wenn Hohmann beim Duell mit dem Weltkriegsveteranen am 24. November siegt, sitzt der sportliche Ex-BKA-Beamte so gut wie sicher im nächsten Bundestag. Der skandalfreie Wahlkreis kann stets mit 50 Prozent plus X Erststimmen rechnen – ein sicheres Sprungbrett nach Bonn.

Hohmann, als Major der Reserve ein begeisterter Soldat und schneidiger Fallschirmjäger, begann nach dem zweiten juristischen Staatsexamen 1980 eine Laufbahn bei der Kriminalpolizei. Beim BKA in Wiesbaden arbeitete er zuletzt in der Abteilung "Terrorismus". 1984 wurde er dann mit 70 Prozent zum Bürgermeister von Neuhof gewählt. – Er hat keine Scheu vor heißen Eisen: In einem Papier der Neuhofer CDU griff er die gängige Asyl-Politik an und forderte die Abschaffung des Rechtsanspruchs auf Asyl. Sozialhilfeempfänger werden in seiner Gemeinde verpflichtet, 25 Stunden pro Woche gemeinnützige Arbeit zu verrichten. Erscheinen sie nicht zur Arbeit, werden konsequent Abzüge vorgenommen. Es ist Hohmann, der selbst nach der Schule ein Jahr als Hilfsarbeiter auf dem Bau arbeitete, damit gelungen, die "Spreu vom Weizen zu trennen", wie er sagt. Als strenger katholischer Christ dem Fuldaer Erzbischof Dyba sehr zugetan, bemängelt er einen starken Werteverfall in der Gesellschaft: "Wir brauchen wieder Haltepunkte, wir müssen uns wieder auf die von der Religion ausgehenden Werte besinnen. Und wir müssen den Wert ’Nation’ wieder verinnerlichen."

Warum aber sollte die konservative Nachwuchs-Hoffnung nicht genauso wie andere Abgeordnete zwischen Fraktionsdisziplin und nervtötendem parlamentarischem Papierkram aufgerieben und verschlissen werden? "Mannesmut vor Königsthronen" nennt Hohmann seine Tugend. Die Bevölkerung werde schon sehr schnell merken, wenn aus ihm ein "Weichei" werde, sagt er selbstsicher lächelnd.


 
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