© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31/32/97  25. Juli/ 01. August 1997

 
 
Parteitag: Südwest-Republikaner tagten im südbadischen Wehr
Jünger und optimistischer
von Frank Liebermann

Mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei sperrten die Stadthalle im südbadischen Wehr weitläufig ab. Wer am vergangenen Sonnabend dorthin vordringen wollte, mußte massive Personenkontrollen über sich ergehen lassen. Der Grund: Der Landesverband der baden-württembergischen Republikaner hielt dort seinen Wahlparteitag ab.

Linksextremistische Krawallmacher fanden sich schon vor der Veranstaltung ein und pöbelten die ankommenden Delegierten massiv an. Nur dank der Polizeipräsenz konnten Übergriffe verhindert werden; nach offiziellen Angaben seien zwölf Demonstranten kurzzeitig festgenommen und nach der Feststellung ihrer Personalien wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Am Mittag bekamen die rund 300 Krawallmacher einen mächtigen Verbündeten. Der SPD-Landesvorsitzende Ulrich Maurer stand einer Allianz aus SPD, CDU, Gewerkschaftsbund und Mitgliedern der Kommunistischen Partei (DKP) und der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) vor, die eine Gegendemonstration in der Innenstadt organisiert hatte.
Die Veranstaltungshalle war mit den 170 Delegierten und zahlreichen Gästen gefüllt, als der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, seine Parteitagsrede begann. Hart ging er mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz in Baden-Württemberg ins Gericht. Noch immer sei es an der Tagesordnung, daß zum Zwecke der Diskreditierung der Republikaner Neonazi-Aktivitäten inszeniert würden. Der Fall Axel Reichert sei nur ein Beispiel dafür, wie die Behörden agierten.

Zur Erinnerung: Reichert, ein V-Mann des Verfassungsschutzes, rief zum Kampf gegen das "jüdische Herrschaftssystem" und den "bolschewistischen Abschaum" auf. Sein Fehler: er vergaß sein Redemanuskript. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft auf Betreiben der Republikaner gegen den Agent provocateur (die JF berichtete).

Christian Käs, Landesvorsitzender der Partei, gab sich in seinem Rechenschaftsbericht kämpferisch. Eines der wichtigsten Themen in nächster Zeit sei die Rückführung der Bosnienflüchtlinge. Bisher gebe es keine Rückkehr. Die etablierten Parteien, allen voran die CDU und FDP, hätten die Bürger belogen. Sie stünden vor den Scherben ihrer Balkanpolitik. Das Recht auf eine Rückkehr in die früheren Wohngebiete sei nicht durchführbar, da dort noch unabsehbare ethnische Konflikte vorhanden wären. Auch von der EU sei keinerlei Hilfe zu erwarten. Solange sich der Großteil der Flüchtlinge in Deutschland aufhalte, hätte diese kein großes Interesse an einer Problemlösung.

Eine weitere Liberalisierung des Strafvollzugs lehnte Käs ab. Mildere Haftbedingungen, Hausarrest oder die elektronische Handfessel stellten eine Verhöhnung der Opfer dar, sagte der 36jährige Rechtsanwalt. Notwendig sei in Deutschland ein besserer Opferschutz und eine effizientere Polizei.
Ein weiteres wichtiges Ziel seiner Partei, so Käs, stelle die Verhinderung des Euro dar. Die Republikaner setzten sich für eine Volksabstimmung über die Einführung der europäischen Einheitswährung ein. Diese dürfe allerdings nicht so laufen wie in Dänemark, wo so lange abgestimmt wurde, bis das Ergebnis gestimmt hätte.

Der Erfolg in Baden-Württemberg, so Käs, sei ein Zeichen für einen Aufschwung seiner Partei. Bei den Wahlen in Hamburg werde sich zeigen, ob ein Durchbruch erfolge. Trotz der manipulierten Prognosen befände sich die Partei im Aufwind. Der entscheidende Punkt für einen Erfolg sei die Bundestagswahl 1998. Dort müsse sich erweisen, ob sich die Republikaner etabliert hätten.
Durch die baldige Gründung einer kommunalpolitischen Vereinigung und der Einrichtung einer Parteistiftung werde die Partei ihre Schlagkraft verbessern. Auch die Mitgliederentwicklung stimme ihn optimistisch. Vor allem jüngere Menschen wendeten sich den Republikanern zu (siehe nebenstehendes Interview).

Im inhaltlichen Teil des Parteitags beschäftigten sich die Republikaner mit Leitlinien für eine lang- und mittelfristige Wirtschaftspolitik. Darin setzt sich die Partei für ein spar- und wachstumsfreundliches Steuersystem ein. Es soll sich am Leistungsprinzip des Mittelstandes orientieren und die Eigenkapitaldecke von Unternehmen stärken. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Bekämpfung der Schattenwirtschaft, durch die jedes Jahr Millionen von Steuerausfällen entstünden.

Der Parteitag in Wehr hat gezeigt, daß sich die Republikaner zumindest in Baden-Württemberg stabilisiert haben und auf dem Weg zur Etablierung sind. Die Selbstorganisation ist abgeschlossen, so daß sich die Partei jetzt der eigentlichen politischen Arbeit widmen kann. Erstaunlich auch die Altersstruktur der Partei. Das Durchschnittsalter liegt weit unter dem von anderen Parteien. Auch etliche junge Mitglieder waren anwesend.
Und mit ihrem wirtschaftspolitischen Konzept hat die Partei unter Beweis gestellt, daß sie mehr als eine Ein-Themen-Partei ist.


 
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