© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31/32/97  25. Juli/ 01. August 1997

 
 
List der Lauscher
Kolumne
von Jürgen Hatzenbichler

Bisher konnte man ja immer davon ausgehen, daß die Fahnder eigentlich nichts wissen. Doch, wenn man zur Abwechslung News, der Illustrierten mit der speziellen Wirklichkeit, einmal glauben will, ist die Sache wieder ganz heiß. Denn, so wird berichtet, es gibt eine "wissenschaftliche Expertise", erstellt "von renommierten Analytikern" und die wissen, daß dasjenige, was sich hinter der Bezeichnung Bajuwarische Befreiungsarmee (BBA) verbirgt, "Kommunikationsprobleme" haben soll. Das "vertrauliche Gutachten", das immerhin so vertraulich ist, daß News seine Quintessenz abdruckt, weiß Erstaunliches zu berichten.

So sollen die Terroristen von der BBA in mehreren Zellen organisiert sein. Die wiederum sollen sich untereinander nicht kennen. Die wiederum werden von einem (was wir eh schon wissen, nachdem es eine der Lieblingsvokabeln der Medien ist) "Bombenhirn" angeführt. Aber, ach Graus, die Terroristen, von denen man nicht einen einzigen kennt, haben keinen Kontakt mehr. So sei denn nun die vollkommen verworrene Situation entstanden, daß diejenigen, die Briefe schreiben, nicht mehr wissen, was die Bombenleger tun. Im Volksmund nennt man das "a blede G'schicht". Und das ausgerechnet bei Terroristen.

Dererlei Schmonzetten wären nicht der Rede wert, wenn da nicht noch eine interessante Wendung käme. Immerhin, man hat bisher keine Ahnung wer hinter der BBA steckt, doch deckt News (oder auch das ominöse Gutachten) auf, daß die Terroristen "ausschließlich via Computer - konkret mittels E-Mail und Internet - in Verbindung" miteinander stünden. High-tech-Terroristen also, Cyber-Partisanen, denen der kameradschaftliche Kontakt durch "verstärkte Fahndung sowie die permanente Observierung einzelner Tatverdächtiger" abhanden gekommen ist. Also doch irgendwie: ein Fahndungserfolg der heimischen Polizei.

Dadurch, daß Computerkommunikation in unserer Gesellschaft immer wichtiger wird, wird es auch für den Staat interessant, darauf Zugriff zu haben. Man will kontrollieren. Nachdem die österreichische Exekutive aus metternichschen Zeiten gerade erst in die Ära der modernen Fahndungsmethoden katapultiert worden ist, dürfte man bei den Planungsstellen des Innenministeriums leicht schwindlig geworden sein. "Mehr Macht", dürfte da in den Augen manches Beamten blinken, so wie bei Dagobert Duck das Taler-Zeichen. Jenseits einer ohne Zweifel notwendigen Terror- und Kriminalitätsbekämpfung: Es gilt vor der List der Lauscher auf der Hut zu sein. Der Überwachungsstaat naht bekanntlich.

 
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