© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/97  18. Juli 1997

 
 
Linksradikalismus: Mainzer "Antifaschisten" gehen mit Gewalt gegen Andersdenkende vor
"Wir sind nicht demokratisch"
von Ellen Kositza

Über mutmaßliche Machenschaften der "Neuen Rechten" und ihr angebliches Bestreben, bestehende Jugendkulturen zu unterwandern, wollte Alfred Schobert, Mitarbeiter des einschlägig bekannten Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS), Ersteller entsprechender Internet-Seiten und Autor diverser linker Zeitungen, am Mittwoch voriger Woche auf dem Gelände der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität referieren.

Eingeladen dazu hatte öffentlich über Flugblättchen der eingetragene "Kommunikationsverein Haus Mainusch", auf dem Uni-Campus residierend und von allen Studenten über den Allgemeinen Studentenausschuß (AStA) durch Studiengebühren finanziert. Dortselbst ließ sich zunächst alles gewohnt beschaulich an. Vertreten in der von bunten Bauwagen umstellten Schmuddelbude "Haus Mainusch" waren die üblichen jungen Frauen mit verhärmten, abgespannten Gesichtern und junge Männer, deren Weltanschauung und scheinbar einzige Motivation prägnant der T-Shirt-Aufschrift zu entnehmen war, "Fight racism!", und was es dergleichen mehr an wohlfeilen Lippenbekenntnissen gibt.

Der Zustand des völlig verwahrlosten, "selbstverwalteten" Anwesens warf ein bezeichnendes Licht auf die zu erwartende Seriosität des angekündigten Vortrags. Die Luft in dem außenliegenden Toilettenwagen war vernehmlich besser als in den Räumlichkeiten des Treffpunkts selbst; auf dem Damenklo prangte ein einziger Spruch: "Wie Adolf Hitler sitz ich hier, die braune Masse unter mir."
Konnte man über den Geschmack der Betreiber des autonomen Zentrums noch geteilter Meinung sein, so war man über deren seelische Entspanntheit und geistige Offenheit bald vollständig aufgeklärt, denn: Von der Toilette sollte es kein Zurück geben, jedenfalls nach dem Willen dreier jungen "Antifaschistinnen", die sich unverhofft vor der interessierten Mainzer Studentin aufbauten, entschlossen hochblickten und verkündeten: "Wir kennen dich. Du bist bei der jungen freiheit. Es ist besser, wenn Du gehst." Nein, über Gründe wollte man sich nicht unterhalten: "Wir diskutieren nicht. Wir sind nicht demokratisch. Jetzt verpiß Dich!"

Intoleranz, aggressives Verhalten gegenüber mutmaßlich Andersdenkenden, ob das "Antifaschismus" in der Praxis sei? "Wir diskutieren nicht" gemäß diesem Motto war es auch für die Unerwünschte kein Problem, dann eben wortlos die Mauer des Schweigens in Gestalt einiger grimmiger Mädchen zu durchbrechen und eben doch dorthin zurückzukehren, wo Alfred Schoberts Meinung zur "Neuen Rechten" nun schon eine Dreiviertelstunde auf sich warten ließ.

Mittlerweile nämlich war eine weitere Gruppe eingetroffen, die ebenfalls einhellig als "Faschos" enttarnt, demgemäß beschimpft und zum "Verpissen" aufgefordert wurde, darunter Burn Hard und Jay Kay von der Gothic-Rockband Forthcoming Fire. Jay Kay fand sich sogleich von keifenden, geifernden Buben und Mädels umkreist, die seinen Einwurf, er könne kaum zählen, wieviele seiner Konzerte in den letzten Monaten durch Angriffe von links verhindert wurden und er dagegen nicht stören, sondern einfach nur zuhören wolle, nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Die Veranstaltung mit dem sich unerkannt im Hintergrund haltenden Redner Schobert würde so lange nicht beginnen, solange sich die mißliebigen Leute im Raum befänden, erklärten die Veranstalter und stellten fortan auch den Getränkeausschank an Unbekannte ein. Während sich die verbalen Aggressionen der "Mainuscher" zunehmend schrill und ordinär steigerten, konnten allein die beiden Antifa-Hunde "Anouschka" und "Sputnik" nicht davon ablassen, treuherzig an den ungebetenenen Gästen ("Anouschka, Pfui! Pfui!")"zu schnüffeln.

Indessen schafften sich Wut, Empörung und ungezügelter Haß ihren Raum, ohne sich jedoch auch nur ansatzweise in sachlichen Begründungen artikulieren zu wollen oder zu können. Dennoch zu wenig, um die unerwünschten Gäste zu provozieren, und eben dies stellte schließlich eine Provokation für die Diskussionsverweigerer dar, die die Lage schließlich eskalieren ließ: Wer nicht freiwillig ging, wurde mit vereinten Kräften (Hier galt freilich: Frauen vor!) vor die Tür gesetzt oder herausgeprügelt. Brillen gingen zu Bruch, diverse Schlagwaffen kamen zum Vorschein, faustgroße Steine wurden geworfen, Reizgas versprüht sämtlich von der Veranstalterseite verursacht.

Recht bald nach diesem äußerst unsanften Rausschmiß mehrerer Zuhörer waren Polizei und Rettungswagen zur Stelle. Mit Platzwunden, Prellungen und ein durch das Gas beeinträchtigtes Sehvermögen ging es allein Jay Kay ernsthaft schlecht, er mußte die Nacht in der Mainzer Uniklink verbringen. Schlechte Karten hatte die Polizei: Alfred Schobert und seine Anhänger hatten sich durch Flucht ihrer Verantwortung entzogen. Ein die Szenerie auf dem Uni-Gelände beobachtender älterer Student, der sich als konform mit den politischen Grundansichten der "Mainuscher" erklärte, versuchte die Vorgänge im "Kommunikationsverein" gegenüber den Betroffenen zu rechtfertigen: Bei jenen jungen Leuten käme die Politik eben sehr "aus dem Bauch heraus", und so unterwandere die "Neue Rechte" in deren Vorstellung mittlerweile den gesamten Staat in seinen Institutionen.

Daß mit Leuten "gewisser Anschauungen", die derart konträr seien, daß Kompromisse ausgeschlossen seien, Diskussionen unerwünscht seien, sollte man wissen, wenn man ein solches Haus der radikalen linken Szene in Mainz besuche. Derartige Vorträge dienten schließlich nicht der wissenschaftlichen Problemerörterung, sondern allein der Strategie und Taktik zur Umsetzung von šberlegungen, derer man sich längst völlig sicher sei: "Da hat man selbst schuld, wenn man blauäugig als politischer Gegner hineinmarschiert und dann den aufgestauten Frust der Leute zu spüren bekommt."

Der mißlungene Vortragsabend mit dem im Gothic-Lager durch seine polemische Hysterie bekannten Alfred Schobert jedenfalls tat sein šbriges zur Beurteilung von Einrichtungen der "antifaschistischen" Grauzone. Das "Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung", das hinter scheinbar wissenschaftlicher Fassade logistische Arbeit für "autonome" Subkulturen betreibt, tingelt dabei anscheinend von Abbruchhaus zu Abbruchhaus, um kritikunfähige Jugendliche gegen Menschen konservativer Geisteshaltung aufzuwiegeln.

Der Präsident der Universität, Prof. Josef Reiter, war für eine telefonische Stellungnahme zu den Vorfällen nicht zu gewinnen.

 
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