© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Programm-Debatte: Themenführerschaft
(JF)

Obenstehender Beitrag von JF-Mitarbeiter Ruggiero hat vorwiegend die Kritik am Stadler’schen Programm-Entwurf für die Freiheitlichen aufgelistet. Kritik, die es zweifellos gibt. Hingewiesen werden muß allerdings darauf, daß es Ewald Stadler über Wochen gelungen ist, mit der von ihm initiierten Programm-Diskussion die Themen-Führerschaft im Lande zu erlangen. Kein Parteiprogramm hat in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten, soviel Interesse in der Öffentlichkeit erweckt, wie der aktuelle der FPÖ. Als vor einem Jahr das ÖVP-Parteiprogramm erneuert und beschlossen wurde – verantwortlich war Verteidigungsminister Fasslabend dafür – krähte kein Hahn danach. Die gegenwärtige sozialistische Programmdiskussion wird eher als Beschäftigungstherapie für den Linksaußen Caspar Einem angesehen und interessiert inhaltlich nicht.
Man mag nunmehr über Ewald Stadlers Thesen und Formulierungen denken, was man will.

Der vorwiegend von ihm geprägte Programmentwurf zeichnet sich jedenfalls durch eine Fülle interessanter Formulierungen und Gedanken aus. Die hitzige Debatte darum muß im Grunde als Kompliment bezeichnet werden. Anerkannt werden muß auch Stadlers Versuch, entgegen einem völlig konträren Zeitgeist, der seine Ausläufer bis in die FPÖ-Gremien hat, ideologische Traditionen des Dritten Lagers zu bewahren. Es muß ganz einfach als Verdienst betrachtet werden, daß es im künftigen Parteiprogramm expressis verbis heißen wird, daß "die deutsche Mehrheitsbevölkerung denklogisch" mitgedacht werden muß, wenn man vom Schutz der ethnischen Minderheiten spricht.
Und schließlich soll nicht vergessen werden, daß neben Stadler führende Intellektuelle des nationalliberalen Lagers wie JF-Mitarbeiter Lothar Höbelt oder der Ordinarius für deutsche Rechtsgeschichte und Nationalratspräsident Wilhelm Brauneder mitgearbeitet haben. Insgesamt stellt die Debatte um das Programm eine spannende Diskussion dar, die nicht zuletzt den Bemühungen der jungen freiheit, im Rahmen der freiheitlichen Partei verstärkt Inhalte und ideologische Positionen zu diskutieren, entspricht.


 
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