© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/97 05. Juni 1997 |
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FP-Programmdebatte: Zwischen Mäder und Florisdorf und im "13ten" "Fundamente Europas" gesucht von Carlo Ruggiero Die Programmdebatte der FPÖ geht nun in die dritte Runde. Im ersten Ansatz meinte Ewald Stadler, Mandatar aus dem Vorarlberger Mäder: "Ein neues Parteiprogramm wird nur schwammig und stegerianisch, wenn es an der Basis breit diskutiert wird." Am geplanten Programmparteitag am 14. Juni könne man dann alles im Austria-Center in Wien diskutieren. Bis dahin wird der Neuentwurf des Programms auch vorgelegt werden. Außerdem sei der Besuch der römisch-katholischen Messe in der Karlskirche sehr zu empfehlen Vielleicht hatte Stadler damit sogar nicht ganz unrecht. Messbesucher der Karlskirche hätten jedenfalls die Chance gehabt, einen Blick in den "13" zu werfen, einem Periodikum des konservativen Flügels der römisch-katholischen Kirche. Dieser "13te" war nämlich stolz darauf, "exklusiv" den Programmentwurf Stadlers mit dem "wehrhaften Christentum" und dem "Christentum als Fundament Europas" zu bringen. Die FPÖ-Organisationen teilten diesen Jubel nicht.
In der Wiener Landesgruppe verfaßten 30 Mandatare und Spitzenfunktionäre aus allen 23
Bezirksorganisationen eine Programmresolution, die sich auf Friedrich August von Hayek,
Konrad Lorenz und Viktor Frankl stützt. Die Erstunterzeichner, die Wiener Abgeordneten
Heinz Strache, Rüdiger Stix, Gerd Wolfram, Kurt Beer, Helmut Günther, Josef Wagner und
Thomas Geringer beriefen sich darüber hinaus auf Jörg Haider. Der FP-Bundesobmann hat in
seinem Bekenntniswerk "Freiheit, die ich meine" ebenfalls die traditionelle
national-liberale Position unterstrichen. Diese Zurückhaltung konnte Stadler für eine zweite Offensive nutzen. In der Karwoche
erklärte Stadler wörtlich: "Die FPÖ wird christlich-sozial-demokratisch",
präsentierte die Forderung nach dem "wehrhaften Christentum" und reduzierte
auch die "Fundamente Europas". Nicht ohne den "Auftrag" (!) an die
großen christlichen Kirchen Europas "zur Zusammenarbeit" zu erteilen. Und
fügte hinzu, "somit ist klar, wer dazu (zu Europa) gehört, und wer nicht". Demnach behauptete Stadler in seiner Pressestunde "der Widerstand reduziert sich auf die Gebrüder Stix". Gemeint waren der Wiener Abgeordnete Rüdiger Stix sowie der GR und Rechtsanwalt Dr. Lothar Stix. Letzterer hatte Stadler in Hinblick auf Südtirol vorgeworfen: "Wer das Band der Sprache zerschneidet, zerschneidet Tirol", und zu Stadlers Vorwurf wegen Antiklerikalismus im Salzburger Programm angemerkt "seit Jahrzehnten hatte die FPÖ kein Problem mit den christlichen Kirchen jetzt haben wir eines". Unter anderem auch deshalb, weil Stadler im Profil meinte: "Der konservative Flügel (der römisch-katholischen Kirche) ist der viel erfolgreichere", und der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Weber, "soll in seiner Diözese Ordnung schaffen", denn "da geht es drunter und drüber". Dieser Vorstoß führte nunmehr auch zu offenem Unmut der Stadler-Kritiker.
Niederösterreichs Erich Schreiner forderte "wehrhafte Demokratie" statt
"wehrhaftem Christentum" und ergänzte, daß "bei der Demokratie die
Amtskirche nicht immer großes Vorbild war". Den Präsidenten Erwin Hirnschall
"erinnert Ewald Stadler an einen eifernden Jesuiten der Gegenreformation". Aus den Reihen der oberösterreichischen Abgeordneten wurde gefragt, "Warum
müssen wir unser neues Programm im 13ten lesen?". Gleichzeitig wurde
eingefordert, daß die Fundamente Europas auch Vorantike, Antike und Aufklärung sind. Zu
den Volkstumsfragen äußerten sich viele sehr besorgt. An ihrer Spitze Alt-Justizminister
Harald Ofner, Helmut Kovarik und Heinz Strache. Und der Salzburger Landesrat Peter Thaler
stellt an Ewald Stadler die Gretchenfrage: "Wer hat eigentlich Bedarf an Deinen
Inhalten und am Verlassen des Salzburger Programms angemeldet? Abgeordnete? Wenn ja, wer?
Gewisse Kreise? Wenn ja, welche?" Einig sind sich die Kritiker nicht in der Frage, ob man statt Stadlers schlicht ein ergänztes Salzburger Programm verwenden sollte. Alle Kritiker jedoch, bekennende Christen wie humanistische Freidenker, berufen sich auf Viktor Frankl. Und dies ist eigentlich ein erfreuliches Ergebnis ! |