© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/97 05. Juni 1997 |
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Hoffnung Kolumne von Alfred Mechtersheimer Über Deutschland breitet sich Angst aus, Angst vor Arbeitslosigkeit, vor Fremden, vor der Zukunft und Angst vor der eigenen Meinung. Für heikle Themen hält der Durchschnittsbürger zwei Positionen parat: die politisch korrekte und seine tatsächliche. Ganz nach den jeweiligen Umständen ruft er mal die eine, mal die andere ab. Und weiß er nicht, was gefragt ist, verstummt er. So verhalten sich Untertanen. Die Bonner Republik macht aus ihren Bürgern Duckmäuser. Verfassungsschutz tendiert zum Regierungsschutz. Früher oder später zerbricht jede Herrschaft, wenn die Kluft zwischen Obrigkeit und Bürger zu groß wird. Die wachsende Parteien-, Politik- und Politikerverdrossenheit ist eine ohnmächtige und resignative Antwort auf diese schleichende Entdemokratisierung. Ducken hat Tradition in Deutschland.
Die Maienblüten des freiheitlichen nationalen Aufbegehrens auf der Wartburg, auf dem
Hambacher Schloß oder in der Paulskirche gerieten immer wieder in den Hagelschlag der
Reaktion. Heute liegt die historische Mission des Freiheitlichen bei Kräften, die oft
mehr an den Staat als an das Volk glauben. Sie sollten sich bei dem Amerikaner Henry David
Thoreau "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat" klug machen. Wer den
Staat vergöttert, bleibt ihm eben auch dann treu, wenn er ihm die Luft zum Atmen nimmt. |