© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/97  23. Mai 1997

 
 
Herbert Fleißner: Zur deutsch-tschechischen Erklärung
"Unwahre Heuchelei"
Gerahrd Sailer

Der jährliche, traditionsreiche Schulvereinstag der Österreichischen Landsmannschaft stand heuer ganz im Zeichen der Festrede des bekannten Verlegers und gebürtigen Sudetendeutschen aus Eger, Herbert Fleissner. Die "deutsch-tschechische Erklärung" stelle keineswegs einen "Schlußstrich" dar, sondern eine nur der "Verdrängung von Tatsachen", ging Fleissner mit der Kohl’schen Außenpolitik scharf ins Gericht, die vor allem durch Opportunismus gekennzeichnet sei. In seiner weitausholenden historischen Tour d’horizon fand sich auch der unsägliche Thomas G. Masaryk mit seinem Ausspruch wieder, die Sudetendeutschen in Tschechien wären "drei Millionen Hochverräter". Die Wurzeln des tschechischen Chauvinismus lägen jedoch viel tiefer: Schon in k.u.k.-Zeiten habe der österreichische Ministerpräsident Graf Badeni in Böhmen und Mähren sogar rein deutschen Städten und Dörfern zweisprachige Ortstafeln oktroyiert, ein zweifelhaftes Zugeständnis an den erwachten slawischen Nationalismus.

Fleissner rief auch die beschämende Tatsache in Erinnerung, daß die BRD seit Kriegsende zwar über 100 Mrd. (!) DM an Entschädigung für jüdische Kriegsopfer bezahlt habe, die Millionen vertriebener Volksdeutscher jedoch leer ausgegangen wären. Aber nicht finanzielle, sondern moralische Wiedergutmachung stehe im Mittelpunkt aktueller sudentendeutscher Forderungen an Tschechien, mit dem Heimatrecht als Kernpunkt. Dieses Recht dürfe nicht in einer nebulosen künftigen "Niederlassungsfreiheit" in einem "Europa ohne Grenzen" aufgehen. Der heftige Applaus der zahlreichen Teilnehmer am Schulvereinstag bestätigte die klaren Worte Fleissners in ihrer Richtigkeit.


 
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