© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/97  23. Mai 1997

 
 
Hochschülerschaftswahlen: Bürgerliche Mehrheit unter den Studenten
Pubertäre Pseudopolitik
von Jürgen Hatzenbichler

Die Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) sind geschlagen. Am interessantesten ist das Ergebnis, das die Wahlberechtigten als entsprechendes Urteil über die sie angeblich vertretende Institution ausgesprochen haben. Die ÖH-Wahlbeteiligung erreichte einen historischen Tiefstpunkt. Von den über 200.000 Wahlberechtigten nahmen nur 27,6 Prozent ihr demokratisches Grundrecht war. Bei der Wahl 1995 waren es "noch" 29,3 Prozent gewesen, die sich überhaupt die Mühe machten, die Zusammensetzung ihrer Standesvertretung mitzubestimmen.

Die Hochschülerschaft als Verein mit Zwangsmitgliedschaft, – jeder österreichische Student muß brav seinen Mitgliedsbeitrag zahlen – wird von den Studenten alles andere als ernst genommen. Das bleibt die zentrale Aussage des Wahlganges, der auch heuer wieder als heiße und halblustige Politik-Simulation abgeführt wurde. Die Ergebnisse haben einen dementsprechenden Aussagewert. Im Zentralausschuß (ZA), dem österreichischen Studentenparlament, konnte die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) ihre 28 Mandate halten, der Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ) konnte sich um ein Mandat auf acht verbessern. Ein fröhlicher Anlaß, den die VSStÖ-Spitzenkandidatin Eva Czernohorszky zum Anlaß nahm, um mit Bundeskanzler Viktor Klima gemeinsam bei der Wahlfete mit geballter Faust die ewiggestrige "Internationale" zu intonieren. Die großen Verlierer des politischen Mini-Events sind die Grün-Alternativen. Ihre studentischen Ableger werden im ZA mit nur mehr zehn statt 13 Mandaten vertreten sein. Jeweils ein Mandat legten dafür das Liberale Studenten-Forum (7 Mandate), die linken Fachschaftslisten (5) und der Ring Freiheitlicher Studenten (3) zu. Gleich geblieben sind die konservative Junge Europäische Studenteninitiative (JES) und der Kommunistische Studentenverband. Beide halten jeweils zwei ZA-Sitze. Und sogleich beginnt das politische ÖH-Spiel bezüglich des Vorsitzes: Nominell gibt es in der Hochschülerschaft jetzt eine "bürgerliche" Vorherrschaft, die linke Mehrheit ist gebrochen. Allerdings hat der AG-Spitzenkandidat Wolfgang Gattringer sogleich festgehalten, daß man mit den freiheitlichen Studenten nicht koalieren werde. Man wolle, so Gattringer, ein "breites Bündnis" und dann die pragmatische Servicepolitik in den Vordergrund stellen. Gattringer wird sehr wahrscheinlich von der sozialistischen Amtsvorgängerin Agnes Berlakovich den ÖH-Vorsitz den übernehmen. Die Grün-Alternativen wollen sich durch einen "Gang in die Opposition" gesundstoßen. Und die Fachschaftslisten bedauern den Verlust der linken Mehrheit, während die liberalen Studenten das "Zünglein an der Waage" spielen wollen.

Der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) hat sein Wahlziel zumindest teilweise erreicht. Man wollte von zwei auf vier Mandate verdoppeln, ist aber bei drei hängen geblieben. Daß man damit in einer Klasse mit der rechten JES und den Kommunisten hängt, zeigt schon, wie schief die politische Ebene auf den Hochschulen ist. FPÖ-Generalsekretär Peter Westenthaler hat in dem Zusammenhang die einzig intelligente Frage gestellt: nämlich die nach der Legitimation der ständischen Zwangsvertretung ÖH. Immerhin ist jeder ÖH-Wahlgang ein Votum gegen diese Struktur.


 
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