© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/97  23. Mai 1997

 
 
Ende der D-Mark-Reserven
Kommentar
von Bernd-Thomas Ramb

Die bunten Propagandabroschüren der Euro-Währungs-Promotoren strotzen vor lauen Hilfsbegründungen, mit denen die Abschaffung der Deutschen Mark den mißtrauischen Deutschen als monetäre Notwendigkeit aufgeschwätzt werden soll. Eine davon ist die dröhnende Mahnung, sonst gäbe es kein Währungsgegengewicht gegenüber Dollar und Yen. Nur mit einem vergrößerten Währungsgebiet sei den beiden Weltwirtschaftswährungen Paroli zu bieten.

Als ob Größe auch Klasse garantieren könnte. Den Argumentatoren fällt offenbar nicht auf, daß die chinesische Währung immer noch nicht zu den begehrten Devisenschätzen zählt. In Wahrheit wird umgekehrt ein Sinn deutlich. Die D-Mark konnte mit deutlichem Abstand zu den anderen europäischen Währungen den beiden Wirtschaftsgrößen USA und Japan ein Währungsgegengewicht bieten. Und das will man ändern.

Deutlich wird dies insbesondere an der Verteilung und der Entwicklung der gehorteten Devisenreserven, den die nationalen Zentralbanken weltweit halten. Der letzte Erfassungsstand besagt, daß nach dem Dollar mit 62,7 Prozent die D-Mark mit 14,1 Prozent den zweithöchsten Anteil hält. Das ist mehr als alle anderen europäischen Währungen zusammengenommen. Das englische Pfund (3,2 Prozent) und der französische Franc (1,7 Prozent) finden eine deutlich geringere Anziehungskraft in der Welt. Dabei hatte die D-Mark sogar einige Rückschläge zu verkraften. Auf 14 Prozent Weltdevisenreserveanteil stand die D-Mark bereits 1981. Danach sank der Anteil unter 12 Prozent, um ab 1985 bis zum Maastricht-Jahr 1991 auf fast 20 Prozent anzusteigen. Seitdem hat die beschlossene Abschaffung der D-Mark zu einem Ausstieg aus den D-Mark-Reserven geführt.

Auch bei den Währungseinlagen, die an den internationalen Banken der Industriestaaten gehalten werden, zeigt sich die Mark als die nach dem Dollar dominierende Währung. Der Abstand zur US-Währung ist sogar geringer. Während 44,4 Prozent der Fremdwährungen in Dollar gehalten werden, sind es 15,4 Prozent in D-Mark. Franc, Pfund und Lira kommen zusammengenommen gerade einmal auf 13 Prozent, wobei die beiden letzten nicht einmal an der Währungsunion teilnehmen wollen oder sollen. Die D-Mark genießt also weltweit immer noch – trotz Maastricht, Euro und dem damit bewirkten Wirtschaftsabschwung – ein relativ hohes Ansehen. Daß dies der Euro übernehmen könnte, stellt die Bundesbank zu Recht in Frage. Das volle Verlustrisiko tragen wieder einmal die Deutschen, denn im Währungsansehen können die anderen nur hinzugewinnen. Sinkt dagegen das Euro-Prestige auf das Franc-Niveau herab, wird man achselzuckend sagen "C’est la vie", zu deutsch: Das war der Zweck der Übung.


 
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