© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/97  23. Mai 1997

 
 
Aus der Bannmeile
Der Bundesrechnungshof und Waigels Haushaltsloch
von Gerhard Imhoff

Es gibt Zoff in der CDU. Grund: Die Neugestaltung des Ausländerrechts. Hart wird hinter den Bonner Kulissen um die Frage gerungen, ob Kindern ausländischer Herkunft, die in Deutschland geboren werden, für eine begrenzte Zeit eine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht werden soll.

Das Brisante an dieser Auseinandersetzung ist, daß die Befürworter (insbesondere die Gruppe um den Abgeordneten Altmaier) einer Kinder-Doppelstaatsbürgerschaft intern offen zugeben, daß dies für sie nur "ein Anfang" sein kann. Sie wollen schon mittelfristig die doppelte Staatsbürgerschaft für alle in Deutschland lebenden Ausländer. Dafür gibt’s Beifall vom Koalitionspartner FDP.

Der interessierte Betrachter darf also gespannt sein, wie lange sich die Gegner einer doppelten Staatsbürgerschaft, gleich welcher Art, um Innenminister Kanther noch gegenüber "den Reformern" werden behaupten können. Es gibt jedenfalls Anzeichen, daß in der Unions-Spitze bald die Post abgeht. Und zwar in Richtung Multikulti.

Steuerland ist abgebrannt, schallt es laut aus den Bonner Politikerkehlen. Da mag so mancher für dumm verkaufte Steuerzahler auf die Idee kommen, daß es nichts mehr zu verteilen gebe im Land der Deutschen. Irrtum! Gibt es doch. Wer’s nicht glaubt, dem ist die Lektüre der "Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1996 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung" zu empfehlen. Denn dort stehen feine Sachen, bei denen es dem Bayern-Theo eigentlich die Augenbrauen aufrollen müßte. Weil nun dieser Bericht so richtig aufschlußreich ist, wollen wir uns diesen in der nächsten Zeit in der Bonn-Kolumne in schöner Regelmäßigkeit einmal ansehen. Zum Beispiel dies hier: Das Bundesministerium des Innern führt seit dem Jahre 1991 ein Programm zur Förderung der Rückkehr und Reintegration von ausländischen Flüchtlingen (Kapitel 06 02 Titel 684 04) durch. Mit dem Programm sollen in Deutschland lebende Asylbewerber, die keine Aussicht haben, als Asylberechtigte anerkannt zu werden, für die freiwillige Rückkehr in ihre Heimat begeistert werden. Mitmachen dürfen aber auch - das ist echt weitsichtig - in den Partnerländern verbliebene Personen, quasi zur Asylvorbeugung. Das Programm umfaßt insbesondere zwei Aus- und Weiterbildungsprojekte in Rumänien und Bulgarien. Das Innenministerium fördert dort die Einrichtung und den Betrieb von je drei Modellaus- und fortbildungszentren.

Im Zeitraum von 1991 bis 1995 hat das Programm den deutschen Steuerzahler insgesamt 46 Millionen Mark (30,7 Millionen Mark für das Programm in Rumänien und 15,3 Millionen Mark für das in Bulgarien) gekostet. Und der Steuerbürger hat mit seinem bescheidenen Beitrag eine Menge erreicht: Seit Programmbeginn haben ganze 150, bei etwa 3.000 in den Zentren aus- und fortgebildete Personen und rund 196.000 abgelehnten Asylbewerbern, die Heimreise angetreten. Toll!

Klasse ist auch, daß das Programm als bilaterales Gemeinschaftsvorhaben vereinbart worden ist und daß die Partnerländer bislang noch keine müde Mark gezahlt haben. Das Bonner Innenministerium hält trotzdem an dem Programm fest. Schade.


 
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