© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
BFB-Parteitag: Brunners Freiheitliche wollen an der Bundestagswahl teilnehmen
Bürgerliches Aufgebot
von Kristof Berking

Der Bund Freier Bürger, die 1994 von Manfred Brunner gegründete Partei der "Freiheitlichen", wie sie sich im Untertitel nennt, hat beschlossen, an der Bundestagswahl 1998 teilzunehmen. Dies ist das wichtigste Ergebnis der am 3. und 4. Mai in Berlin abgehaltenen Bundesdelegiertenversammlung des BFB, der zur Zeit etwa 1.000 Mitglieder zählt. Angesichts des späteren Abstimmungsergebnisses von 148 Ja-Stimmen gegen eine Nein-Stimme bei fünf Enthaltungen rannte der Parteivorsitzende Brunner offene Türen ein, als er in seiner Eröffnungsrede die Delegierten auf die Teilnahme an der 98er-Wahl einschwor.

Der BFB, den Brunner als freiheitlich, marktwirtschaftlich, national und konservativ kennzeichnete, müsse zum Ausdruck bringen, daß es immer breiter werdende bürgerliche Kreise gibt, "die nicht mehr glauben, daß Herr Kohl und seine Regierung das kleinere Übel sei". Es gäbe kein größeres Übel, sagte Brunner, als eine antinationale, sozialdemokratische Regierung, die sich bürgerlich tarnt. Am Beispiel der deutsch-tschechischen Erklärung – "gar keine Erklärung wäre besser gewesen" – veranschaulichte er, wie trügerisch es sei, auf Hoffnungsträger aus den etablierten Parteien zu setzen. Edmund Stoibers Verhalten im Zusammenhang mit der deutsch-tschechischen Erklärung mache deutlich, was im Hinblick auf die Euro-Diskussion der Zukunft zu erwarten sei. Die bayerische Staatsregierung habe sich als Speerspitze des Widerstands geriert, "und als es zur Abstimmung kam, hat man ein paar Abgeordnete als Alibi-Neinsager bestimmt, und hat insgesamt zugestimmt. Ich sage Ihnen voraus: So wird es beim Euro auch gehen."

Neben dem Euro-Thema, kündigteBrunner an, werde man das Versagen der Regierenden bei der Herstellung der inneren und äußeren Sicherheit, "der Hauptaufgabe des Staates", zum Wahlkampfthema machen, sowie die sozialistische Steuer- und Abgabenpolitik und die letztlich ausländerfeindliche Einwanderungspolitik. Die zweitägige Delegiertenversammlung war, im Gegensatz zu vorangegangenen Parteitagen, alles andere als kontrovers. Dies hing nicht nur damit zusammen, daß der ursprünglich vorgesehene Programmparteitag auf nächstes Jahr verschoben wurde (auch der umstrittene Abgrenzungsbeschluß – unter anderen gegen die Republikaner – wurde nicht debattiert), sondern ist auch das Ergebnis eines Wandlungs- und Reinigungsprozesses, den die Partei in den drei Jahren ihres Bestehens durchgemacht hat. Brunner: "Wir sind nun nicht mehr nur die großbürgerliche und gutsituierte Intellektuellenpartei, die wir so verkürzt ja auch nie waren, aber dessen Bild – von eher Wohlwollenden – anfangs so gezeichnet worden ist, sondern die Menschen, die zu uns kommen, sind Leute aus allen sozialen Schichten, die nicht wollen, daß die Anständigen und Tüchtigen in diesem Land die Verlierer sind." Gerade zwei Tage zuvor, am 1. Mai, waren zu einer Kundgebung des BFB im Löwenbräukeller in München über 2.500 Zuhörer gekommen, halb so viele, wie zu der offiziellen Versammlung des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf dem Marienplatz. Der denkbar geringe Zulauf des DGB sei auch kein Wunder, so Brunner: "Die Gewerkschaften sind Mitursache der Massenarbeitslosigkeit." Ohne auf Widerspruch zu stoßen, wie bei früheren Parteitagen, stellte Manfred Brunner "unseren Freund Jörg Haider" als Vorbild hin, der in Österreich am 1. Mai eine eigene freiheitliche Gewerkschaft gegründet hat, die in eine Konkurrenz zur österreichischen Einheitsgewerkschaft getreten ist. Wettbewerb und Vielfalt in die organisierte Arbeitnehmerschaft zu bringen, könne auch für den Bund Freier Bürger eine Aufgabe sein, wenn er erst einmal Fuß gefaßt und sich als Partei umfassend organisiert habe.

Bei der Frage der Organisation der Partei, die ihren Schwerpunkt in Süddeutschland und in Hessen hat – die norddeutschen Landesverbände bestehen jeweils nur aus zwei, drei Dutzend Mitgliedern –, gab es allerdings einigen Unmut an diesem sonnigen Wochenende. Zu begeistertem Beifall kam es dann aber als Ulrich Quante ans Mikrofon trat. Er war Kommandeur der Fallschirmjägerschule der Bundeswehr und steht dem BFB nun als ehrenamtlicher Wahlkampfhelfer und dem Parteivorsitzenden als persönlicher Referent zur Verfügung. In schneidigem Ton trug er nach dem Motto "Der Worte sind genug gewechselt…" vor, welche Maßnahmen nun in der Bundesgeschäftsstelle in München ergriffen werden müßten: erstens, zwotens, drittens …

Angekündigt wurde auch die Gründung eines gemeinsamen Bildungswerkes zusammen mit der Deutschen Sozialen Union (DSU) und der Deutschen Partei (DP). Und das BFB-Päsidiumsmitglied Fanz-Ulrich Willeke, emeritierter Volkswirtschaftsprofessor, stellte das von ihm herausgegebene Buch "Die Zukunft der D-Mark" vor, in dem Wirtschaftswissenschaftler die langfristigen Risiken einer europäischen Währungsunion darstellen.

Lob erntete auch Bruno Bandulet, der sich mit seinem Verlag um die Publikationen des BFB kümmert und den monatlich erscheinenden "DeutschlandBrief" der Partei redigiert. Er hatte die ganzseitige Anzeigen des BFB konzipiert, die am 19. April in der FAZ erschienen sind und auf die Hunderte von Zuschriften kamen. Eine halbseitige FAZ-Anzeige des BFB vom 3. Mai, in der Honorarzahlungen der Europäischen Kommission an prominente Euro-Befürworter publik gemacht wurden, lag auf allen Tischen. Außer einem Parteiabzeichen zum Anheften – blaue Kornblume mit schwarz-rot-goldener Schleife – wurde auch ein BFB-Straßenstand vorgestellt, an dem zum Beispiel die nötigen Unterstützungsunterschriften für die Teilnahme an der Bundestagswahl gesammelt werden sollen oder Unterschriften für die BFB-Initiative "Volksbegehren Rettet die D-Mark". Bislang haben etwas über 100.000 Menschen die beiden Forderungen dieses Volksbegehrens unterschrieben: "Ich will die D-Mark als eigenständige Währung behalten. Ich fordere eine Volksabstimmung über die Zukunft der D-Mark." Die Delegierten setzten die Partei unter Zugzwang, indem sie in einer Resolution den Willen bekundeten, bis zum Frühjahr 1998 – dann sollen die Teilnehmer der Währungsunion festgelegt werden – Bundestag, Bundesregierung und Öffentlichkeit eine Million Unterschriften vorzulegen, also die bisher gesammelten Unterschriften noch zu verzehnfachen. Die "Jungen Freiheitlichen", die Jugendorganisation des BFB, begannen gleich damit vor dem Tagungshotel in der Nähe des Alexanderplatzes – mit großem Erfolg, denn ironischerweise fand dort eine große Euro-Werbeveranstaltung des Berliner Senats und der Europäischen Kommission statt.


 
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