© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
Tierschutz: Klimawandel und Tourismus gefährden die Korallenriffe
Rücksichtslose Souvenirjäger
Roland Heilmann

Korallenriffe sind weltweit vom Absterben bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt die Umweltstiftung World Wide Fund For Nature (WWF) in einer jüngst veröffentlichten Studie. Innerhalb der nächsten zehn Jahre werde auf Grund der steigenden Meerestemperaturen infolge der Klimaveränderungen ein Drittel der Riffe verschwinden. Besonders verheerend sei die Zunahme einer für Korallenriffe tödlichen Krankheit, bei der winzige Algen auf den Korallen absterben.

Nicht weniger bedrohlich für den Fortbestand dieser Kalk abscheidenden Polypenstöcke ist die anhaltend große Nachfrage vieler Ferntouristen nach den attraktiven Souvenirs, so daß auch von Menschenhand weiterhin die empfindlichen Korallenbänke rücksichtslos geplündert und zerstört werden. Während früher die Zollbeamten an den Flughäfen vor allem Mitbringsel aus Elfenbein, Raubkatzenfelle, Krokohandtaschen, präparierte Vögel und lebende Jagdfalken beschlagnahmten, wird heute in vielen fernen Urlaubsorten mit Korallen das große Geschäft gemacht. Entsprechend füllen sich inzwischen immer häufiger die Asservatenkammern beim Flughafenzoll mit illegal eingeführten Korallentieren. Am Frankfurter Flughafen haben die Zöllner allein im vergangenen Jahr 12.800 geschützte Pflanzen und Tiere bei den Reisenden gefunden; rund 1000 davon waren Korallen. Die meisten Korallen werden in den Wintermonaten versucht einzuschmuggeln. Das ist die bevorzugte Reisezeit für deutsche Karibik- und Malediven-Urlauber. In vielen Fällen zeigen sich die Reisenden völlig überrascht, daß es sich bei den Korallen um Tiere handelt, berichten Zollbeamte.

Verwandt sind die wirbellosen Korallentiere mit den Seeanemonen. Zoologisch bilden sie jedoch keine systematische Einheit. Unter dem Sammelbegriff verbergen sich Vertreter der Blumentiere und der Hydrozoen: Edelkorallen, Feuerkorallen und die verhältnismäßig häufigen Steinkorallen. Verbreitet sind sie vornehmlich in den Tropen und Subtropen und gedeihen nur in warmen, flachen Gewässern bei einer Mindestwassertemperatur von 18 Grad. Besondere Bedeutung haben die Korallentiere, weil sie durch ihre massiven Skelettbauten und Kalkabscheidungen eine der wenigen Tiergesellschaften darstellen, die landschaftsbildend wirken. Die aus übereinandergewachsenen Skeletten toter Korallen entstandenen Riffe sind als Lebensraum für eine Vielzahl anderer Tiere von größter Wichtigkeit. Werden Korallen abgebrochen, stirbt nicht nur das einzelne Blumentier, auch der Fortbestand des Korallenriffs ist gefährdet. Die größten Korallenriffe gibt es nach Auskunft des WWF vor den Malediven, vor Indonesien, in der Karibik, vor Venezuela und den Philippinen, doch dort sind die Riffe durch Raubbau bereits größtenteils abgestorben. Lediglich vor den Küsten Australiens sind die Korallen infolge strenger Schutzvorschriften in gutem Zustand, erläuterte die Pressesprecherin des WWF Deutschland, Susanne Dietrich.


 
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