© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/97  02. Mai 1997

 
 
Multisexuell
Kolumne
von Günther Rehak

Im September 1996 wurde eine Wienerin in London bei einem Abendspaziergang von acht Jugendlichen mehrmals vergewaltigt und nach vollbrachter Tat – nachdem sie die Frage, ob sie schwimmen könne, verneint hatte – in einen Kanal geworfen. Die Frau überlebte, konnte die Täter identifizieren, und es wurde ihnen in diesen Tagen der Prozeß gemacht. Nach den Berichten nahmen die Täter die ganze Angelegenheit auch vor Gericht eher locker.

Unglaublich, diese jungen Engländer, denkt man unwillkürlich. In den Berichten über den Prozeß verschwiegen die meisten Medien, daß es sich bei den Tätern um Angehörige von Einwandererpopulationen handelt, vier davon sind Neger. Offenbar verlangt es die "political correctness", derart unwesentliche Details nicht zu erwähnen.

Wenn es dennoch herauskommt, finden sich wohl bald einige Menschenfreunde, die nachweisen, daß die Tat der jungen Leute nur ein Hilfeschrei war, mit dem sie ihre Frustration über die rassistische Umwelt ausdrücken wollten. Daß sich während ihrer Haft und nach der Entlassung ein Heer von Psychologen und Sozialarbeitern ihrer annehmen wird, kann als sicher gelten, der eine oder andere Verlag wird sich die Exklusivrechte für die Story sichern. Die Leute haben für ihr Leben möglicherweise ausgesorgt. Schon jetzt kann man in einem österreichischen Links-Wochenmagazin lesen, daß die Mutter des jugendlichen Bandenchefs durchaus glaubwürdig versichere, "Nicht ihr Sohn, sondern die weißen Schweine seien schuld". Was tut es da schon, daß der zuständige Londoner Polizeichef vor Gericht schilderte, wie sadistisch die minderjährigen Vergewaltiger ihren Schlachtruf "Fick die weiße Hure!" in die Tat umgesetzt haben. Nun hat der Prozeß zwar in England stattgefunden, aber auch in Österreich hätte man aufgrund der aktuellen Judikatur nur wenig an das Opfer, wohl aber an die künftige Resozialissierung der Täter gedacht.

Übrigens: Anfang Juni soll in Wien ein "Tribunal gegen den Rassismus und Xenophobie" abgehalten werden. Prominente Teilnehmer sind angesagt, z. B. Beate Klarsfeld, deren Ruhm sich darauf gründet, daß sie dem damaligen westdeutschen Bundeskanzler Kiesinger mangels anderer politischer Argumente in der Öffentlichkeit eine Ohrfeige verabreichte. Frau Klarsfeld ist jedenfalls kluge Voraussicht nicht abzusprechen, beehrt sie doch Wien mit ihrem Besuch und vermeidet es, in London Abendspaziergänge zu unternehmen.

Günther Rehak ist Ministerialrat im Bundeskanzleramt in Wien. Er war früher Sekretär Bruno Kreiskys und SPÖ-Mitglied.


 
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