© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/97  02. Mai 1997

 
 
Genius-Gesellschaft: Denken für die Freiheitlichen
Für eine Vertiefung der Inhalte
von Jürgen Hatzenbichler

Innerhalb der FPÖ ist man mit Theoriearbeit ja nicht gerade ausgelastet. So hat sich jetzt, auch angesichts der Umbrüche im freiheitlichen Lager, rund um den vormaligen Dritten Nationalratspräsidenten Gerulf Stix eine Gruppe gesammelt, die sich um inhaltliche Diskussionen kümmern will.

"Genius – Gesellschaft für freiheitliches Denken", nennt sich der von Stix initiierte Verein, in dem sich als Mitarbeiter neben profilierten Alt-Freiheitlichen, wie Tassilo Broesigke und Erwin Hirnschall, auch andere nationalliberal Bewegte finden, sei es nun der Wiener Historiker Lothar Höbelt oder auch der Chefredakteur der JUNGEN FREIHEIT in Österreich, Andreas Mölzer.

"Genius"-Initiator Gerulf Stix betont besonders, daß es sich bei der Gesellschaft weder um eine "Dissidentengruppe" handle, noch um eine "interne Opposition". Man habe allerdings eine Lücke entdeckt: "Die FPÖ hat mit ihrer Tradition einer breitangelegten und grundsätzlich geführten Diskussion gebrochen." Daß das als eine massive Kritik an der gegenwärtigen Programmdiskussion ebenso zu verstehen ist wie auch als Kritik an der "Freiheitlichen Akademie", die akademisch kaum tätig ist, wird klar, wenn man weiß, daß "Genius" spätestens mit September eine eigene Zeitschrift herausbringen wird. Erster Schwerpunkt: Die Debatte um das neue FPÖ-Parteiprogramm. Ohne Zweifel will man mit der neuen Zeitschrift auch die Lücke schließen, die die Demontage der Freien Argumente ergeben hat. Diese waren zuvor von Stix herausgegeben worden. Nachdem ihm das Heft abgenommen wurde, ist das Organ der "Freiheitlichen Akademie" zu einer recht flachen Themen-Broschüren-Reihe verkommen.

In der linksliberalen Tageszeitung Der Standard erklärte ein Kommentator, daß die "Genius-Gesellschaft" als ein "Ring freiheitlicher Arbeiter der Stirn" schon vom Namen her "eine Kampfansage an die Parteiführung" sei, "kühner, als Dissidenten in anderen Parteien sie zu denken wagen".

Während Nachdenken über Inhalte gerade bei den Freiheitlichen zu kurz komme, will man nich mit der Genius-Gesellschaft dagegen stellen, daß die FPÖ eine Programmatik übernimmt, "die von der Mehrzahl der Mitglieder sicher nicht gewünscht wird". Stix: "Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, daß die FPÖ das Lager wechselt." Man werde gegen dererlei Tendenzen aufstehen "und wir werden sehen, ob nach dem Parteitag die FPÖ eine CSU geworden ist".


 
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