© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/97  18. April 1997

 
 
Südafrika: Ideologische Altlasten des ANC treiben Wirtschaft in den Ruin
Propaganda allein hilft nicht
(JF)

Dem hauptsächlich durch deutsche Medien betriebenen Zweckoptimismus zum Trotz bahnt sich am Kap der Guten Hoffnung ein politischökonomischer Sturm an. Der ANC-Regierung wird im eigenen Land, aber auch international immer lauter vorgeworfen, auf allen Ebenen versagt zu haben. So haben vor zwei Jahren mit Japan geschlossene Handelsverträge bislang keine positiven Resultate bringen können, weil die südafrikanische Bürokratie nicht in der Lage ist, mit deren Umsetzung voranzukommen. Auch die unlängst unterzeichneten milliardenschweren Handelsabkommen mit Malaysia werfen skeptische Fragen auf. Mit dem "Tigerstaat" konnte zwar ein neuer Markt für den Kampfhubschrauber "Rooivalk" aufgetan werden, von denen rund 40 Stück bestellt wurden, aber es ist keineswegs sicher, ob sich die durch Inkompetenz geprägten staatlichen Organe diesem Auftrag gewachsen zeigen. Die negativen Folgen der in rasantem Tempo durchgeführten "Affirmative Action", also der rassischen Diskriminierung weißer Fachkräfte, zeigen sich an allen Ecken und Enden der Verwaltung.

Die Arbeitsmoral läßt stark zu wünschen übrig, und der Gewerkschaftsriese COSATU (ca. 1,5 Millionen Mitglieder, die vor allem in den Schlüsselbereichen der Stahl- und Minenbetriebe beschäftigt sind) mit seinen kommunistischen Forderungen tut ein übriges zur Verschlechterung der ökonomischen Situation. Im vergangenen Jahr drohte bereits die Schließung von elf Goldminen, da diese mangels Produktion nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Erst nachdem sich vor kurzem die Nachricht über riesige Goldfelder in Indonesien als falsch herausstellte, scheint die Fortsetzung der Goldförderung in Südafrika fürs erste gesichert.

Einer durchaus vorstellbaren wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte Südafrikas stehen insbesondere die aus der Apartheid-Ära herrührenden ideologischen Wurzeln und parteipolitischen Bündnisse des regierenden ANC im Wege. Dieser ist bis heute in einer Allianz mit der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) und der Gewerkschaft COSATU verbunden; und trotz der in der vergangenen Woche ein weiteres Mal öffentlich gewordenen internen Differenzen über den Wirtschaftskurs sieht es nicht danach aus, als ob sich dies demnächst ändern könnte.

Obwohl auf internationalen Druck hin theoretisch Schritte in Richtung Marktwirtschaft unternommen werden, ist in der Praxis die Einflußnahme der Regierung in allen Bereichen in einem nie dagewesenen Maße spürbar. Dieses zentralistische Management hat inzwischen auch den Radio- und Fernsehriesen SABC in den Bankrott getrieben. Noch 1995 hatte dieser stolze 100 Millionen Rand Profit erwirtschaftet; heute benötigt SABC-Chef Zwelakhe Sisuli dringend 400 Millionen Rand an Subventionen, um den Konzern aus den roten Zahlen herauszubekommen.

Die Führungsetagen von SABC sind inzwischen ganz von ANC-Personal dominiert, und man hat sich ideologisch restlos den Wünschen der Regierung gefügt: Die Nachrichtensendungen, die schon unter der vorherigen Regierung sehr einseitig gewesen sind, haben heute reinen Propagandacharakter. Eine wichtige Rolle spielen vor allem die im ANC latent vorhandenen sozialistischen Nostalgien. Derweil werden immer mehr weiße Farmer – inzwischen auch in der Provinz KwaZulu-Natal – Opfer von Raubmorden. In Marlboro, einem Industrieviertel im Norden Johannesburgs, stehen die Fabriken und Lagerhäuser leer, weil niemand mehr den Mut hat, in dieser Gegend zur Arbeit zu gehen. Die englischsprachigen Medien ignorieren die Morde, Vergewaltigungen usw. weitgehend, solange die Täter schwarz sind; die afrikaanse Presse kommt kaum mit dem Schreiben nach, so hoch ist die Zahl der Gewalttaten.

Zahlreiche Weiße verlassen inzwischen die Provinz Gauteng, in der Johannesburg und Pretoria liegen, um sich weiter im Süden des Landes eine neue Existenz aufzubauen. Auch die Auswanderung nach Kanada, Australien, Neuseeland usw. hält unvermindert an. Vor allem junge Leute gehen "auf Reisen" – und kommen dann nicht mehr in ihre Heimat zurück.

Auch in der südafrikanischen Botschaft in Bonn kann man sie sehen, wie sie freundlich jenen Deutschen zunicken, die sich urlaubshalber auf den weiten Weg in den Süden Afrikas begeben wollen, um das "politische Wunder" des Sieges über das Apartheids-Regime vor Ort zu bestaunen.


 
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