© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/97  04. April 1997

 
 
JF-Dokumentation: Aus der Festrede vom Wiener Millenniums-Kommers
Raus aus den Verbindungshäusern!
von Rainer Pawkowicz

Es ist interessant, daß die Existenz unserer national-freiheitlichen Korporationen, die in dieser Form nur im deutschen Kulturkreis existieren, stets auch ein Spiegelbild der gegebenen Freiheit bzw. der Rechtsstaatlichkeit in den deutschen Ländern war, und zwar von Beginn an. Blicken wir doch in die Geschichte. Nach der Aufbruchsphase, unmittelbar nach dem Sieg über Napoleon, kam der Metternich’sche Polizeistaat. Die Karlsbader Beschlüsse wandten sich in erster Linie gegen die Burschenschaft. Die dama-lige Unfreiheit der Gesellschaft entsprach der Unterdrückung unserer Gedanken. Es kam der Frühling des Jahres 1848, ein Frühling der Freiheit und der Hoffnung auf Rechtsstaat und Bürgerrechte. Der Sieg der Reaktion brachte wieder die Unterdrückung unserer Korporationen. Erst als der freiheitliche Gedanke in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts aufblühte, konnten auch unsere Korporationen aufblühen.

Die von uns erkämpften Grundfreiheiten, – Freiheit des Gedankens, des Wortes, Versammlungsfreiheit, Freiheit der Schrift –, waren auch immer Gradmesser des jeweiligen demokratischen Zustandes im Lande selbst. Immer dann aber, wenn die national-freiheitlichen Korporationen diskreditiert, in ihrem Auf-treten behindert, in ihrer Existenz eingeschränkt waren oder aufgelöst wurden, war es auch ganz allgemein um Freiheit und Demokratie schlecht bestellt. Das sollten jene wissen, denen unsere Freiheitsliebe und Existenz ein Dorn im Auge ist. (…) Zum Feindbild wurden unsere Korporationen oftmals auch für jene, die Freiheit und Selbstbestimmung zwar für alle möglichen Volksgruppen in der weiten Welt fordern, für die aber das Eintreten für die deutschen Volksgruppen, etwa für die Altösterreicher in Siebenbürgen, für die Südtiroler, die Sudetendeutschen oder die Rußlanddeutschen, schon "faschistischen" Charakter hat. Aber da steckt in Wirklichkeit System dahinter, weil es die faschistischen Antifaschisten nicht verwinden konnten, daß sie vom freiheitsbeseelten Ruf "Wir sind ein Volk" hinweggespült worden sind. (…) Selbstverständlich muß das Recht auf Versammlung und Demonstration auch für unsere politischen Gegner gelten. Denn Freiheit ist unteilbar. Wenn heute aber gegen diesen Freiheitskommers demonstriert wird, wenn es auch heute wieder Menschen gibt, die bereit sind Bürgerrechte, das Recht auf Meinungs- und Veranstaltungsfreiheit Andersdenkender, einzuschränken, dann wissen wir, daß die Gefahr des Abgleitens in eine neue Zeit der Intoleranz nach wie vor gegeben ist und die Freiheit immer aufs Neue erkämpft werden muß.

Wenn wir uns in dieser Stadt, der Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, später des Habsburger Kaiserstaates, der nunmehrigen Bundeshauptstadt Wien, zwangsläufig auch immer wieder mit deutscher Geschichte auseinandersetzen, ist dies keineswegs "Deutschtümelei", wie uns das unsere politischen Gegner unterstellen.

Wenige Meter von hier entfernt, in der Schatzkammer, ruhen die Reichsinsignien, die Kaiserkrone, Reichsapfel, Szepter und das Reichsschwert. Die Heiligtümer der deutsch-abendländischen Geschichte. Wer das zur Kenntnis nimmt und weiß, daß es kein Zufall ist, daß diese Insignien hier ruhen und nicht in Aachen und nicht in Frankfurt oder anderswo, ist kein Deutschtümler.

"Tümelei", gleich welche, im Sinne chauvinistischer Phrasendrescherei lehnen wir ab. Aber es verbindet uns heute auch das Bewußtsein, daß von diesem Ort, an dem der Festkommers stattfindet, von der Hofburg der römisch-deutschen Kaiser aus, über Jahrhunderte nicht nur die Geschichte Österreichs, was es auch immer im Laufe der Generationen dargestellt hat, sondern weit darüber hinaus die Geschicke aller Deutschen, insgesamt: die Geschichte des Abendlandes wesentlich bestimmt worden ist. Dieser historische Rahmen der Wiener Hofburg verpflichtet uns zu historischer Wahrhaftigkeit. Und genau diese haben wir als Korporationsstudenten, als kritische Bürger und Demokraten, vom offiziellen Österreich häufig vermissen müssen, wenn es um dieses Millennium, um diese Jahrtausendfeier gegangen ist. Hier in der Hofburg feiert das Dritte Lager den Namenstag Österreichs. Voller Respekt vor dem Land, seinen Menschen und deren Geschichte, aber auch im stolzen Wissen, daß wir ein Teil des Ganzen sind, sind wir uns unserer Verantwortung bewußt. Und wir werden uns vor dieser Verantwortung nicht drücken – aber uns auch von niemandem verdrängen lassen!

(…) Wir erleben den Zuzug von Menschen aus allen Ländern dieser Welt, die nicht als Flüchtlinge hierherkommen, sondern um ihre persönlichen Lebensumstände zu verbessern. Die grenzenlose Einwanderungspolitik der sozialistischen Koalitionsregierung und vorzeitige Einbürgerungen von Ausländern, getragen von dem Wunsch nach einer multikulturellen Gesellschaft, getragen auch von der Hoffnung, neue Wähler zu gewinnen, hat die Bundeshauptstadt vor große Probleme gestellt. Nur daß es keine Mißverständnisse gibt: Wir bekennen uns zum Asylrecht für politisch, religiös und rassisch Verfolgte gemäß der Genfer Konvention und für Kriegsflüchtlinge. Aber wir treten gegen den Mißbrauch des Asylrechts auf und meinen, daß Kriegsflüchtlinge, wenn wieder Friede in ihrer Heimat herrscht, dorthin zurückkehren sollen, um sich am Aufbau der Heimat zu beteiligen. Illegale, also rechtswidrig im Land befindliche Ausländer, sind zurückzuführen und kriminell gewordene ohne "Wenn und Aber" abzuschieben. Wir Freiheitlichen haben gesagt, daß wir es nicht hinnehmen werden, daß die Sozialisten, weil ihnen die Wähler davonlaufen, das Volk austauschen. Da ist es schon gescheiter, wenn das Volk vorher die Regierung austauscht.

Wien war immer Brücke zum Osten. Wir haben uns dieses Verständnis bewahrt. Heute geht es um die Frage ob wir auch dieser europäischen Aufgabe gerecht werden können: Nämlich ein fest im westlich-abendländischen Denken, in deutscher Sprache und Kultur verwurzelter Mittler für die kleineren Nationen des östlichen und südöstlichen Europas zu sein. Dies war die Aufgabe der Vergangenheit. Dies kann auch die Aufgabe der Zukunft sein.

(…) Mehrmals schon in der Geschichte, zuallererst im Revolutionsjahr 1848, haben national-freiheitliche Intellektuelle und Arbeiter politisch gemeinsam gekämpft. Wer von uns kennt nicht den schönen Stich aus dem Revolutionsjahr, auf dem der akademische Legionär mit dem Legionärsschwert in der Hand und dem Kalabreserhut am Kopf, auf den Trümmern der Barrikade sitzend, den Wiener Arbeitern die Bürgerrechte erläutert. Diese historische Metapher mag romantisch erscheinen, sie symbolisiert aber die Chance, die wir heute haben. Wir als national-freiheitliche Korporationsstudenten haben nicht nur die Chance, sondern die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns für jene Menschen, die die linkslinke Schickeria in ihrer Arroganz so gerne "den kleinen Mann" nennt, einzusetzen. Wir haben die Chance, im Rahmen eines neuen, wertorientierten Bündnisses diese Stadt in eine sinnvolle Zukunft, ins kommende Jahrtausend zu führen, dieses Land zu reformieren und ein Signal weit darüber hinaus zu setzen. Wir als Korporierte sind aufgerufen, aus unseren Verbindungshäusern hinauszutreten und in bester Tradition unser aller Zukunft mitzugestalten.

Ende 1996 fand in Wien, anläßlich der Jahrtausendfeier Österreichs, der Millenniums-Kommers der Deutschen Burschenschaft statt. Bei der Großveranstaltung in der Hofburg, gegen die die extreme Linke massiv mobil machte, hielt der Landesparteiobmann der Wiener Freiheitlichen, Rainer Pawkowicz, die Festrede. Er vertrat damit Jörg Haider, der ursprünglich als Frestredner bei dieser Veranstaltung des "Dritten Lagers" zugesagt hatte, dann aber verhindert war.


 
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