© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/97  28. März 1997

 
 
Große Koalition: Die Regierung Klima setzt auf Jubelmeldungen
Falsche Frühlingsgefühle
Von Max Andergaszt

Die Hofberichterstattung in den etablierten Medien strahlt gedämpfen Optimismus aus. Die Meinungsforschung glaubt, Höchstwerte für den neuen Regierungschef ausweisen zu dürfen. Endlich einer, der den bereits mehrfach angekündigten "Turbo" bei der Regierungsarbeit aufgedreht hat, der Reformen und längst fällige Initiativen rasch und konsequent durchzieht. Kanzler Klima ist seit seinem Amtsantritt zweifellos Liebling der Medien, er versteht es, populäre Maßnahmen zu setzen, populäre Personalentscheidungen ebenso, wie populäre Sachentscheidungen.

Es begann bereits bei der Bestellung der neuen Regierungsmannschaft. Salonbolschewiken wie Rudolf Scholten, fundamentalistische Feministinnen wie Frau Konrad mußten weichen. Ex-Innenminister Caspar Einem wurde auf das – wortwörtliche – Nebengeleise des Verkehrsministeriums abgeschoben. Jene Figuren also, die der freiheitlichen Opposition und der Kronenzeitung ständige Angriffsbilder boten, wurden ausgetauscht.

Dann ging es weiter mit längst überfälligen und zweifellos von der schweigenden Mehrheit dringend erwarteten Reforminitiativen: Die Ausländer-Gesetzgebung wurde reformiert, das Asylverfahren verschärft, so etwas wie ein Zuwanderungsstop in den Raum gestellt. Dann kam die Liberalisierung der Gewerbeordnung. Ein schwerer Schlag offenbar gegen die rot-weiß-rote Bürokratie und jene Hürden, die den leistungsbereiten und initiativen Österreichern den Weg zum Erfolg versperren. All diese Dinge und noch andere wurden von den Medien geradezu triumphal berichtet, Kommentatoren überschlugen sich in ihren Lobeshymnen.

Umgekehrt hörte man in etablierten Medien und Politikkreisen allenthalben leise Schadenfreude aufkommen: Der freiheitliche Oppositionsführer werde es nun schwer haben. Sogar das Ausländerthema sei ihm nun durch die Regierungsinitiative aus der Hand geschlagen. Nach langen und für das Establishment quälenden Jahren der Haider-Hysterie könnte das Land nun durch die Klima-Veränderung aufatmen. All dies dürfte sich allerdings recht rasch als falsches Frühlingsgefühl in der rauhen Luft der politischen Realität auflösen: Die Österreicher spüren verstärkt die Auswirkungen des jüngsten Sparpakets. Und Finanzexperten ließen uns wissen, daß womöglich doch noch ein Zehn-Milliarden-Loch im Budget für die Erreichung der Maastricht-Kriterien vorhanden sei. Sparpaket Nummer drei – für das man zweifellos einen blumigeren und unverdächtigeren Namen finden wird – steht also vor der Tür.

Demgemäß halten die medialen Jubelmeldungen vor den wirklichen politischen Entwicklungen auch nicht stand. Die Kärntner Kommunalwahlen etwa zeigten, daß es keinen Klima-Effekt gibt, daß der Aufstieg der Haider-FPÖ vielmehr ungebremst weiterläuft. Die vielgepriesenen Reformen der Regierung, etwa in der Ausländer-Gesetzgebung, sind bei näherer Betrachtung auch nur halbherzig. Der Zuwanderungsstop findet vielleicht einmal im Jahre Schnee statt; die Eindämmung der illegalen Ausländer im Lande wird bestenfalls verbal betrieben. Und was als große Liberalisierung im Wirtschaftsbereich gefeiert wird, ist bloß ein Nachhinken hinter den Realitäten. Frisöre dürfen nun legal an ihre Kunden Kaffee ausschenken. Damit wird man Österreichs Wirtschaft zweifellos retten …

Schon mehren sich daher die Stimmen, daß sich Viktor Klima als einer der überschätztesten Politiker der jüngeren österreichischen Geschichte herausstellen könnte. Nachdem die ÖVP und ihr Parteiobmann Wolfgang Schüssel kaum mehr als ernstzunehmende Konkurrenten zu den Freiheitlichen und Jörg Haider betrachtet werden, könnte sich nach einem vorfrühlingshaften Zwischenhoch auch Viktor Klima mit seiner vielbejubelten neuen Regierung nur als Nachlaßverwalter der sozialdemokratischen Ära erweisen.


 
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